Attacken auf österreichische Ministerin: Hass? Rassismus!

Die neue Justizministerin Alma Zadić ist widerlichen Angriffen im Netz ausgesetzt. Und Kanzler Kurz reagiert mit einem wenig hilfreichen Statement.

Österreichs Justizministerin Alma Zadic

Justizministerin Zadić steht inzwischen wegen Morddrohungen unter Polizeischutz Foto: reuters

Österreich zeigt sich mal wieder von seiner besten Seite. Diesmal geht es um die neue Justizministerin Alma Zadić, die seit rund zwei Wochen rassistisch und sexistisch angegangen wird.

Das lief verkürzt so: Zuerst wurde auf Facebook gehetzt. Neben tiefsten Beschimpfungen wurde da diskutiert, ob Zadić überhaupt Ministerin sein könne, weil sie wegen übler Nachrede verurteilt worden sei. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um kein Strafverfahren, sondern um ein laufendes medienrechtliches Verfahren, sie hatte Berufung eingelegt.

Das Ganze ist vor allem deshalb lächerlich, weil, hätte man in Österreich wirklich ein Problem mit bescholtenen Personen in der Regierung, dem Land einiges erspart geblieben wäre – etwa ein Ibiza-Fan als Vizekanzler.

Eigentlich geht hier aber darum, dass Zadić nicht in Österreich geboren wurde. Sie ist als 10-Jährige mit ihren Eltern aus Bosnien geflüchtet. Deshalb wurde auch leidenschaftlich diskutiert, wie sehr sie als Ministerin den islamischen Glauben ausleben werde.

Rückgrat aus Spaghettinudeln

Die Antwort ist: Gar nicht, sie ist nämlich keine Muslimin, und selbst wenn, gilt auch in Österreich Religionsfreiheit. Das hindert die Hetzer aber nicht, ihr eine Verbindung zu Islamisten zu unterstellen. Zadić steht inzwischen wegen Morddrohungen unter Polizeischutz.

Der neue, alte Bundeskanzler Sebastian Kurz, der bekannt ist für sein Rückgrat aus Spaghettinudeln, ist selbstverständlich keine Hilfe. Von ihm kommt nur ein halbherziges, Trump’sches Statement gegen „Hass im Netz“ von allen Seiten. Nur ist das hier kein Hass, sondern Rassismus. Und würde er den einmal richtig benennen, müsste er auch nicht lange überlegen, woher der kommt.

In einem Fernsehinterview macht Kurz dann vergangene Woche, was er am besten kann: Er stellt sich selbst als Opfer dar und relativiert Rassismus. Er sagt, so was müsse man als Politiker_in aushalten, er selbst werde auch als „Babyhitler“ bezeichnet.

Natürlich muss Zadić das nicht aushalten. Niemand muss Rassismus und Sexismus aushalten, niemand muss systematische Diskriminierung, begründet durch die reine Existenz eines Menschen, aushalten. Politiker_innen dagegen müssen es aushalten, wenn sie für ihr politisches Handeln kritisiert werden. Im Gegensatz zu Zadić wurde Kurz übrigens in dem Tweet von Mission Lifeline deshalb mit dem Hashtag „BabyHitler“ bedacht, weil er zuvor in einem Interview private Seenotrettung für mehr Tote verantwortlich gemacht hatte.

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Ebenso wenig hilfreich wie Kurz sind jene Leute, die unentwegt betonen, dass bei der gebildeten und „gut integrierten“ Alma Zadić diese Hetze nicht gerechtfertigt sei. Denn damit sagen sie nicht weniger, als dass Hetze gegen weniger gebildete und nicht so „gut integrierte“ Menschen gerechtfertigt sei.

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Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.

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