Letzte Runde im Dauerzwist

Märchenhütten am Monbijouplatz gehen Vergleich ein. Vor Gericht setzt sich der Bezirk Mitte durch

Eine Übersiedlung auf den Marktplatz von Demmin kommt in Betracht

Von Anselm Lenz

„Noch sind wir nicht ganz weg“, erklärt Christian Schulz, Betreiber der Märchenhütten am Monbijouplatz der taz. Aber viele der kommenden Abschiedsschmerzen sind bereits spürbar und lesbar. So versendeten die Märchenhütten mehrere Rundschreiben, in denen Ensemblemitglieder, Expert*innen und Menschen aus dem Publikum erklären, wie hart sie das Beharren der Bezirksregierung auf dem Verschwinden der Märchenhütten trifft. Sie bestehen auf der „einmaligen“, „familiären“ Qualität des Märchentheaters auf den Betonflächen der Humboldt-Universität gegenüber dem Bode-Museum.

„Lebendige Holzhütten, lebendige Schauspieler, lebendiges Feuer im Herzen aller und im Hof in der Feuerschale. Eine Idee, die sich hält gegen die Planierraupen, die alles platt machen“, feiert die Schauspielerin Peggy Bachmann ihren Betrieb und endet mit der Revolutionsformel nach Georg Büchner, „Friede den Hütten!“. Aus allen Verlautbarungen klingt die Hoffnung, der Bezirk Mitte könne seine Haltung doch noch ändern.

Baustadtrat Ephraim Gote (SPD) hatte dem Theater Anfang des Monats sechsstellige Strafgelder und die Kosten für die Räumung des Platzes angedroht für den Fall, dass Christian Schulz und seine Märchenhütten sich nicht endlich an den Beschluss der Bezirksversammlung vom 20.12.2018 hielten. Dieser sieht vor, dass die Märchenhütten und das zugehörige Monbijoutheater und die Strandbar ihre offenkundig schlecht organisierten Geldströme zu klären hätten.

Der Platz sollte an die neue „Märchenscheune“ gehen, die eine Abkopplung von früheren Mitarbeiter*innen Schulz' ist. Die Betreiber der „Scheune“ hatten allerdings keinen guten Theatersommer 2019 im Monbijoupark hinbekommen – und so eröffneten die Märchenhütten zum Winter einfach wieder, auch ohne verlängerte Ausnahmegenehmigung vom Bezirk, mit der sie zwölf Jahre lang an Ort und Stelle unsubventioniertes Familientheater gemacht hatten. Die neue Märchenscheune schlug daraufhin ihre die Zelte direkt nebenan auf.

Der skurrile Zwist ging ursprünglich auf den Streit der beiden Protagonisten der Hütten zurück, Christian Schulz und David Regehr. Letzterer hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Ersteren auszustechen, war nach dem erfolglosen Sommer aber als Gesellschafter in den Schulz-Betrieb zurückgekehrt.

Bei ihrer Pressekonferenz in den urigen Bauten, erklärten Regehr und Schulz zu ihrem Streit, dass der Märchenbetrieb nun auf gemeinnütziger Basis laufe und „nicht verloren gehen“ dürfe, „nur weil wir zwei ’nen Vogel haben“. Nach einer humorigen Performance des Schauspielers Tobias Schulze, der das Einschreiben des Bezirksstadtrates persiflierte, hatten die Betreiber angekündigt, dass sie sich vor Gericht durchsetzen würden.

Doch nun mussten sich Schulz und Regehr schließlich einem gerichtlichen Vergleich beugen. Dieser sieht ab sofort vor, dass der Märchenspielbetrieb in den Hütten noch bis 31.12. fortgesetzt werden kann. Danach müssen die Hütten weichen. Die Scheune um die früheren Schulz-Mitstreiter Matthias Horn und Maurici Farré sollen übernehmen. Letztere bestehen auf der Rechtslage. Unklar ist, wie lange sie brauchen werden, um eine ähnliche Qualität zu reproduzieren, wie sie das Monbijoutheater erreichte.

Für die Hütten scheint ab 2020 eine Übersiedlung auf den Marktplatz der Hansestadt Demmin in Mecklenburg-Vorpommern in Betracht zu kommen, wie Schulz der taz andeutet. Das wäre ein Verlust für Berlin.

„Wir werden uns ganz neu aufstellen und für unser Publikum und unsere Mitarbeiter kämpfen“, erläutert Schulz wehmütig und kämpferisch. Seien die Hütten einmal umgesiedelt, gehe es darum, den Betrieb mit über 50 Mitarbeiter*innen „ohne Hartz und doppelten Boden“ weiterzuführen. Sollte die neue Scheune 2020 scheitern, schließt er derzeit eine Rückkehr an den Monbijouplatz aus.