Stefan Hunglinger
sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt
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Zu welchem Ende mensch sich in einer Initiative einsetzt, auf die Straße geht, Repressionen aushält? Das ist oft gar nicht so leicht zu beantworten, nicht persönlich, nicht als Bewegung. Und selbst wenn konkrete Ziele erreicht werden, wird im großen Ganzen nicht alles immer schlimmer? Was kann eine Friedensinitiative schon ausrichten gegen die Trumps, Assads und Erdoğans. Oder antirassistische Aktionen? Von zu erreichenden Klimazielen ganz zu schweigen. Und was, wenn das neue Jahr noch mal ein paar Katastrophen draufsetzt?

„Sieh, daß Du Mensch bleibst“, schrieb Rosa Luxemburg 1916 an die Sozialarbeiterin und SPD-Politikerin Mathil­de Wurm, „Mensch sein ist vor allem die Hauptsache. Und das heißt: fest und klar und heiter sein, ja heiter trotz alledem und alledem“.

Vielleicht ist die Frage nach dem Ende einfach keine, die viel weiterhilft. Diese Frage hinten anzustellen bedeutet nicht, sich plan- und strategielos zu verlieren. Naiv zu werden, verbietet sich. Aber vielleicht gilt es, sich durch das eigene Engagement, durch feste Standpunkte, zunächst das Menschsein zu erhalten, wo egoistische Agenden, unmenschliche Strukturen und schwindende Sicherheiten es zersetzen.

„Handeln statt Hoffen“ heißt folgerichtig das Buch der Kapitänin Carola Rackete, aus dem beim Seebrücke Soli-Tresen gelesen werden wird. Wie bleibt mensch eigentlich angesichts der Grenzpolitik der EU ein Mensch? An diesem Abend wird über die Arbeit der Seebrücke informiert, Ausschnitte aus dem Film „Seawatch 3“ sind zu sehen und Geld kann in Soli-Schnaps investiert werden. Auch Heiterkeit gehört zum Menschsein, weiß die Luxemburg – trotz allem. (9. Januar, 19 Uhr, Weichselstraße 63).

Unmenschlich lastet auch der Mietenwahnsinn auf den Berliner*innen mit niedrigem Einkommen. Die in Gründung befindliche Berliner Mieter*innengewerkschaft stellt am Samstag ihren Ansatz vor, der ein Drittes neben #besetzen und „Deutsche Wohnen enteignen“ bilden soll (11. Januar, 19.30 Uhr, Schreinerstraße 47).

Für Frieden und internationale Solidarität, gegen Ausbeutung, gegen den Abbau demokratischer Rechte und das Anwachsen faschistischer Gefahren gehen diese Woche wieder Linke eines breiten Spektrums bei der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration auf die Straße (12. Januar, 10 Uhr, U-Bahnhof Frankfurter Tor). Seit 1996 will die Demo das Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit den Forderungen der Kämpfe unserer Zeit verbinden. Zu welchem Ende? „Mensch sein ist vor allem die Hauptsache.“