Auf den letzten Drücker

Kein Geld, keine Zeit, keine Ideen? Wer jetzt angesichts drohender Geschenkelosigkeit panisch wird, atme dreimal tief durch und mache den Test links

Von Franziska Seyboldt

Einen Gaul schenken

Bitte nehmen Sie das nicht wörtlich. Und nein, Sie sollen auch keinen Hundewelpen unter den Weihnachtsbaum legen. Aber viele Tierheime bieten etwa eine jährliche Mitgliedschaft an (Gassi- und Kuschelzeiten inklusive Schulung), außerdem kann man bei vielen Tierschutzorganisationen wie Nabu, WWF oder Mellifera Patenschaften abschließen, die meistens nur ein Jahr laufen und schnell online ausgefüllt werden können. Dafür gibt’s eine Urkunde, regelmäßige Informationen zum Patentier und manchmal auch ein jährliches Patentreffen.

Zeit schenken

Nehmen Sie der zu beschenkenden Person etwas ab, das sie schrecklich findet. Mit etwas Glück sind Sie sogar richtig gut darin, sich in Handyverträge reinzufuchsen, am Fahrrad rumzuschrauben oder die Steuererklärung vorzusortieren. Im besten Fall erledigen Sie was auch immer noch vor Weihnachten heimlich und überreichen unterm Baum ein Polaroid vom polierten Fahrrad oder den gerahmten Einlieferungsbeleg der Post. Ewige Dankbarkeit ist Ihnen gewiss.

Ihre Stimme schenken

Die Zeiten von Mixtapes sind ja leider vorbei, und eine virtuelle Spotify-Playlist ist, na ja: eben nur virtuell. Aber was wäre, wenn Sie Ihr Lieblingsbuch – oder Teile daraus – vorlesen und aufnehmen? Vielleicht haben Sie in einer Kiste sogar noch einen alten MP3-Player herumliegen (schließlich hören Sie Musik nur noch übers Smartphone), auf den Sie das Gesprochene aufspielen können. Günstige Geräte aus zweiter Hand finden Sie ansonsten auf Ebay. Wetten, dass niemand ein persönlicheres Hörbuch besitzt?

Sich die Mühe schenken

Wenn gar nichts anderes geht: Alkohol und Schokolade gehen immer.

Reinen Wein (ein-)schenken

Schreiben Sie der zu beschenkenden Person einen Brief. Vielleicht nicht gerade einen Hassbrief, eher einen Liebesbrief, aber auf jeden Fall irgendwas mit Gefühl. Mögliche Themen: Wie haben Sie sich kennengelernt und warum war das gut, was schätzen Sie besonders an der anderen Person, mit welchem Satz hat sie Ihnen mal geholfen. E-Mails zählen ausnahmsweise mal nicht. Alternative, falls Sie sich sorgen, es könne zu kitschig werden: ein Januarkalender. Denn so schön Adventskalender auch sind – nötiger ist eine tägliche Aufmunterung, wenn Weihnachten vorbei ist, der Winter aber noch lange nicht. Von Sprüchen über Schokolade bis hin zu Erinnerungen wie „Nur noch 100 Tage bis Frühlingsanfang“ ist alles erlaubt.

Reste schenken

Egal, ob als Notlösung oder weil Sie sich dem Konsumterror verweigern: Reste schenken ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Die Freundin, die gerade umgezogen ist, braucht noch Weingläser? Sie wollten doch eh schon längst mal wieder die Küchenschränke ausmisten! Vielleicht steht ja auch noch eine Flasche Sekt vom letzten Geburtstag rum, und Tante Erna hat zu Nikolaus eine Großpackung Ferrero Rocher geschickt – perfekt: Kleben Sie die Pralinen rundum auf die Flasche und schmücken den Flaschenhals mit grünem Seidenpapier oder ein paar Blättern der halbtoten Zimmerpalme, fertig ist die Fake-Ananas.

Das letzte Hemd schenken

Okay, Sie haben kein Geld. Aber vielleicht Treuepunkte gesammelt, beim Einkaufen oder Bahnfahren? Die können Sie in Prämien einlösen, zum Beispiel in einen Wasserkocher, einen Gutschein oder ein Zeitschriften-Abo. Und mit 2.000 Bahn-Punkten bekommen Sie eine Freifahrt Flex, 2. Klasse, die einzige Prämie der Deutschen Bahn, die auf andere Personen übertragbar ist. Vielleicht verschenken Sie die ja inklusive eines Gutscheins für einen Besuch bei Ihnen. Wie die Person von dort allerdings wieder wegkommt, ist eine andere Geschichte.

Guten Willen schenken

Die Person, die Sie beschenken wollen, geht auf jede Klimademo und hat den Sommerurlaub sausen lassen, um die Bäume vor der Haustür zu gießen? Sie können ihr zwar nicht abnehmen, die Welt zu retten, aber Sie können sie dabei unterstützen. Zum Beispiel mit einem Abo für eine Gemüsekiste, deren Inhalt optisch nicht der Supermarktnorm entspricht und sonst weggeworfen werden würde (etepetete-bio.de). Oder indem Sie in ihrem Namen einen Baum pflanzen lassen (plant-my-tree.de). Das gute Gewissen gibt’s umsonst dazu.

Geschichten schenken

Grundsätzlich schwierig: Geschenke für sogenannte Leseratten und Bücherwürmer (kann bei dieser Gelegenheit eigentlich mal jemand einen schöneren Begriff etablieren? Ideen gerne an wochenende@taz.de). Denn trifft man mit dem Buch den Geschmack der Person, hat sie es meist längst gelesen. Und, hihi, EIN Buch – das reicht gerade mal für einen Abend. Besser: ein Buchabo beim lokalen Buchhändler (z. B. buchboxberlin.de, ab 85 Euro, 6 Monate). Wer keins anbietet, mit dem lässt sich oft ein Deal aushandeln, etwa monatlich ein Buch zurücklegen zu lassen, das die beschenkte Person dann nur noch abholen muss. Und hoffentlich noch nicht gelesen hat.