Plastik zum Kompostieren: Zum Beispiel Hundekotbeutel

Abbaubare Kunststoffe haben ein schlechtes Image. Zu Unrecht, finden Abfallexperten. Und suchen nach sinnvollen Anwendungen.

Hundekotbeutel zum Recyceln

Hundekotbeutel zum Recyceln Foto: Cindy Yamanaka

BERLIN taz | Den Plastikteller nach der Grillparty gleich mit dem Ketchup in die Biotonne, den Pflanztopf der neuen Stauden – schwuppdiwupp – auf den Kompost im Garten werfen, das klingt gut. Doch die für viele wunderbare Vision vom biologisch abbaubaren Plastik verliert schon länger an Glanz. Umweltverbände beziehen mittlerweile auch abbaubare Kunststoffe in ihre Grundsatzkritik am Plastikkonsum ein. Sie stellten für Kompostieranlagen „Störstoffe dar, werden meist nicht normgerecht abgebaut und in den meisten Fällen aufwendig aussortiert und teuer entsorgt“, formulierte etwa die Deutsche Umwelthilfe in einer Untersuchung.

Auch Branchenverbände der Abfallwirtschaft stehen biologisch abbaubaren Kunststoffen ablehnend gegenüber. Ihre Kompostierung sei „keine hochwertige Verwertung und auch kein Recycling“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier der Organisationen. In der Kompostierung entfalteten sie keinen stofflichen Nutzen, auch ihr energetischer Wert bleibe ungenutzt, heißt es weiter.

Michael Carus, Chef des auf biobasierte Rohstoffe spezialisierten Forschungs- und Beratungsunternehmens Nova-Institut ärgert das schlechte Image von bioabbaubaren Kunststoffen. Daher hat er ­das Projekt „BioSinn“ gestartet, in dem er zusammen mit dem Institut für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart „Steckbriefe sinnvoller biologisch abbaubarer Produkte“ erstellen möchte. Gefördert wird das Projekt vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Liste mit 25 Anwendungen

Am Ende soll eine Liste mit genauen Beschreibungen von 25 Anwendungen herauskommen, bei denen Kunststoffe „weder eingesammelt noch verwertet werden können“, so Carus, „und die sich deshalb sinnvollerweise in der Natur abbauen“.

Auf einer Liste mit Vorschlägen finden sich Beispiele wie Schutzhüllen für junge Bäume, Leichensäcke und Hundekotsammelbeutel, Pflanztöpfe oder Bodennetze für Fischnetze. Die Rohstoffbasis dieser Plastikartikel könne dabei Erdöl oder auch pflanzlich sein, sagt Carus. In der Regel handele es sich aber um Biokunststoffe, etwa aus Mais oder Gräsern.

„Zwar schneiden Kunststoffe, die sich jeweils im Boden, in Süß- oder Salzwasser abbauen, bei Ökobilanzen schlecht ab“, sagt Carus, „weil man ihnen keine Gutschriften etwa für eingesparte Energierohstoffe anrechnen kann“. Doch in der Realität würden viele recycelbare Kunststoffe eben nicht recycelt, kritisiert Carus, „sie landen in Gewässern oder Böden und richten dort für Jahrhunderte Schaden an“.

Henning Wilts, Experte für Kreislaufwirtschaft am Wuppertal-Institut, teilt zwar grundsätzlich die Skepsis gegenüber biologisch abbaubaren Kunststoffen, die sich etwa bislang auch in der EU-Richtlinie für Einwegplastik findet. Man dürfe niemandem ein Alibi geben, „Konsum- oder Produktionsgewohnheiten beizubehalten, weil es ja den angeblich technischen Ausweg Bioplastik aus der Abfallmisere gibt“, sagt Wilts.

Gezielt sinnvolle Anwendungen für abbaubare Kunststoffe zu suchen sei aber „sehr sinnvoll“. Das Projekt ziele ja speziell auf solche Kunststoffprodukte ab, die häufig nicht oder schlecht erfasst würden.

„Unvermeidbares Plastik recyceln“

Auch für den Fraktionschef der Grünen im Bundestag sind abbaubare Kunststoffe „Teil einer modernen Plastikstrategie“. Plastik müsse vermieden werden, „wo immer es geht“, sagt Anton Hofreiter. Daher sei das Verbot von Einwegplastik ein richtiger erster Schritt, reiche aber bei Weitem nicht aus. „Unvermeidbares Plastik muss recycelt werden, denn ein wertvoller Rohstoff darf nicht leichtfertig verbrannt werden“, so Hofreiter. Zudem müssten Kunststoffe, die nicht vermieden werden können und die oft in der Natur landen, abbaubar sein.

Konferenzen, auf denen konkrete Vorschläge diskutiert werden, sollen laut Carus im Januar stattfinden, eine Liste mit den Produktsteckbriefen im Frühling vorliegen – rechtzeitig für die Diskussion über die Ausgestaltung der Richtlinie zum Einweg-Plastikverbot der EU.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.