Feuerwehrmann über Machtkampf im Verband: „So geht es für uns nicht weiter“

Der Feuerwehrverband streitet über den Umgang mit der AfD. NRW-Vizechef Bernd Schneider fordert einen Neuanfang – und spricht von Abspaltung.

Ein Drehleiterwagen der Feuerwehr fährt mit Blaulicht an einer Unfallstelle vorbei.

Die Hütte brennt: Bei der Feuerwehr wird gestritten, wie man mit der AfD umgehen soll Foto: dpa

taz: Herr Schneider, die Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen erwägt einen Austritt aus dem Deutschen Feuerwehrverband. Grund ist der Streit über dessen Präsidenten, Hartmut Ziebs, der zum Rücktritt gedrängt wurde. Ging es dabei um Ziebs’ kritische Haltung zur AfD – oder Postenkonkurrenz?

Bernd Scheider: Hartmut Ziebs hat beispielhafte gute Arbeit geleistet. Ich glaube schon, dass der eine oder andere auf seinen Posten spekuliert hat, auch wenn das jetzt verneint wird. Ziebs war aber auch in den Augen vieler zu progressiv. Ein Feuerwehrmann, der beim CSD mitläuft – das ist für einige ein Problem. Aber wir leben in einer anderen Zeit.

Hat Herr Ziebs denn recht, wenn er vor einer Unterwanderung warnt? Wie offen ist die Feuerwehr für die AfD?

„Es ist eine gewählte Partei und mit denen müssen wir reden“ – das habe ich von Landesvorsitzenden schon gehört. Und wenn man mit denen redet, um seine eigenen Ziele durchzusetzen – spätestens dann fängt es an, politisch zu werden.

Wie konnte der Streit so eskalieren?

Dass Ziebs’ Kritiker so gegen ihn vorgehen, ist nicht nachzuvollziehen. Das hätte man unter erwachsenen Menschen anders klären können. Indem man die Kritikpunkte offenlegt und ein Schlichtungsverfahren vereinbart.

Und warum ist das nicht geschehen?

Der Streit ist so eskaliert, dass da rote Linien überschritten wurden. Mitarbeiter aus der Bundesgeschäftsstelle haben sich mit Ziebs’ Kritikern aus dem Präsidium zusammengetan. Wenn man im Geschäftsleben als Beschäftigter so etwas tut, wird man entlassen.

Sie fordern einen „Neuanfang“ – sonst stimmt Ihr Landesverband über einen Austritt ab. Was wollen Sie erreichen?

62 Jahre alt, ist stellvertretender Vorsitzender des Verbands der Feuerwehren in Nordrhein-Westfalen.

Es geht uns erstens um die Struktur des Verbandes und zweitens darum, wie wir mit rechtsnationalen Tendenzen umgehen. Wir wollen eine Erklärung aller dazu, wie wie es mit der Vielfalt in der Feuerwehr halten, mit Frauen, Migranten, Schwulen und Lesben.

Weil Sie ohne eine Öffnung für diese Gruppen nicht genügend Leute finden?

Es geht dabei gar nicht so sehr um Personalnotstand. Es ist eine Notwendigkeit, weil wir eine offene Gesellschaft sind. Wir müssen und wollen jedem helfen und deswegen müssen wir auch jeden aufnehmen.

Ziebs wurde öffentlich allseits sehr gelobt. Warum gab es im Innern solche Vorbehalte?

Er hat der Feuerwehr ein Gesicht gegeben, nicht nur gegenüber der Politik, sondern auch in der Öffentlichkeit. Seine Vorgänger waren wie Bundespräsidenten: Wenn man denen mal „Guten Tag“ sagen konnte, war das schon ein Ereignis. Ziebs hat mit allen gesprochen, war auch in den sozialen Medien aktiv. In einigen Bundesländern kannten ihn vor allem die aktiven jungen Leute wohl besser als den Landesvorsitzenden. Das führt zu schlechten Gefühlen.

Sie wollen schon im Februar entscheiden, ob Sie sich aus dem Bundesverband zurückziehen.

Aussitzen kann nicht das Ziel sein, wenn man etwas verändern will.

Es heißt, andere Landesverbände wollen sich Ihnen anschließen. Stimmt das?

Ja. Bislang hat die Feuerwehr in Sachsen-Anhalt uns das signalisiert. Andere sprechen ebenfalls darüber.

Die Feuerwehr wurde praktisch seit Kriegsende von einem Verband vertreten. Der könnte nun zerfallen. Wie geht es dann weiter?

Ja, eine Abspaltung wäre ein Novum. Es müsste dann zwei Vertretungen geben. Das wäre nicht gut, aber unter diesen Bedingungen geht es für uns nicht so weiter wie bisher.

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