Medienforscher Horst Röper: Ein Abschied vom Vermesser

Horst Röper vom Formatt-Institut geht in den Ruhestand. Ohne ihn wüssten wir deutlich weniger über die deutsche Medienlandschaft.

Portrait von Horst Röper vor goldenem Hintergrund. Röper hat etwas längere Haare, eingefallene Wangen und einen Bart. Er trägt eine kleine ovale Brille.

King of Medienforschung: Horst Röper Foto: imago

Deutschlands Zeitungen geht es schlecht, so viel ist schon mal klar. Danach wird es unübersichtlich: Wirklich verlässliche Zahlen, Daten und Fakten zur Branche sind schwer zu bekommen. Gut, es gibt die Auflagenstatistik. Erhoben wird sie von einem Verein, bei dem aber nicht alle mitspielen und dann auch noch tricksen. So weisen fast alle großen regionalen Zeitungsgruppen ihre Auflagen längst nicht mehr für die einzelnen Titel, sondern nur noch zusammengerechnet aus. Der Verlegerverband BDZV befragt regelmäßig seine Mitglieder. Doch längst nicht alle Medienhäuser sind im Verband, die Angaben sind freiwillig und so logischerweise lückenhaft. Die amtliche Pressestatistik des Bundes (ja, so was gab’s mal) wurde sicherheitshalber schon 1991 eingestellt, als der Presseladen noch brummte.

Macht aber alles nichts, man kann ja in Dortmund anrufen, bei Horst Röper. Seit 1984 leitet der Journalist und Medienwissenschaftler das Formatt-Institut. Das steht für „Forschung Medien Aktuell Technologie Transfer“, was natürlich kein Mensch je so gesagt hat. Es umreißt aber sehr schön Röpers Arbeitsspektrum. Seitdem der andere große Zeitungszähler, Walter J. Schütz, 2013 verstarb, ist er das Gedächtnis der deutschen Zeitungslandschaft. Und ein unbeirrbarer Mahner, das hohe Gut der Medienvielfalt nicht noch weiter zu ver­spielen.

Vor zu großer Pressekonzentration hat er immer gewarnt, auch den Niedergang des Lokalen mit mildem Entsetzen bereits beschrieben, als andernorts noch niemand davon hören wollte. Die taz hat er 2004 bei unserer monatelangen Serie über die „Einzeitungskreise“ und die daraus folgende Monotonie in der Lokalberichterstattung unterstützt. Dass jeglicher Journalismus im Lokalen anfängt und hier die entscheidenden Diskussionen und Prozesse für eine Demokratie stattfinden, ist sein Mantra.

Röper scheut dabei keine Kontroverse. Dass er einer direkten Presseförderung wie beispielsweise in den skandinavischen Ländern etwas abgewinnen kann, daraus macht er kein Hehl. Auch wenn ihn das bei den Verlagen nicht beliebter macht.

Aber sie brauchen ihn, ­Röper ist auch immer mal wieder für sie tätig. In der Medienpolitik ist er ohnehin Stammgast, als Sachverständiger und Experte bei Anhörungen und Debatten. Dabei ist er nicht auf das Thema Presse beschränkt. Röper forscht auch zur wirtschaftlichen Rolle der TV-Produktion und sitzt beispielsweise in der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), wo er gerade daran herumrechnet, was ARD und ZDF künftig aus dem Rundfunkbeitrag erwarten dürfen.

Und jetzt will der Mann, der sich als Einziger noch so richtig um all diese Fragen kümmert, in den Ruhestand gehen. Einfach so. Is nich, Horst. Wir brauchen dich!

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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