heute in hamburg
: „Wir müssen diese Klischees loswerden“

Konzert Eva Klesse Quartett und HOSHO, „Miniatures – Ten Songs for Chamber Jazz Quartet“, 20 Uhr, Yokoclub, Valentinskamp 47, Eintritt 10 Euro, ermäßigt 6 Euro

Interview Thilo Adam

taz: Frau Klesse, zwölf Prozent: So gering ist der Anteil der Instrumentalistinnen an allen professionellen Jazzmusikern in Deutschland – niedriger als bei den Dax-Vorständen. Woran liegt das?

Eva Klesse: Wir suchen noch nach den entscheidenden Gründen. Inzwischen werden wir Musikerinnen aber mehr, dadurch gibt es Vorbilder. Junge Mädchen sehen, dass es möglich ist, zum Beispiel Schlagzeugerin zu werden – es gibt ja sogar ein Wort dafür!

Bei Ihnen hat es ohne Vorbild geklappt?

Ich war viel mit meinen Eltern auf Konzerten, hab das Schlagzeug gesehen und gedacht: cooles Instrument. Ich habe gefragt, ob ich das mal ausprobieren darf, und ich durfte. Damals mit elf hat mir zum Glück niemand gesagt: Willst du nicht lieber Instrument xy spielen? Und zu der Zeit lief der Film „Bandits“, da hat Katja Riemann Schlagzeug gespielt. Ich weiß noch, dass mich das sehr gefreut hat.

Im Jazz geht es musikalisch dauernd um Offenheit, warum kriegt die Szene das nicht auch im Sozialen hin?

Das ist wirklich Wahnsinn! Wir müssten eigentlich Vorreiter sein. Auch in anderen Bereichen, wo es um Diversität geht, wie Herkunft oder sexuelle Orientierung. Stattdessen gibt es leider auch noch das Machoding.

Das heißt, auf Sessions geht es darum: Wer ist der virtuoseste Spieler? Wer hat am härtesten geübt?

Zu oft ist es noch so. Wir müssen diese Klischees loswerden. Ich kenne genügend männliche Kollegen, die überhaupt keine Lust haben, sich breitbeinig auf die Bühnen zu stellen und abzudrücken. Der Kampf um Gleichberechtigung ist ja ein Kampf für alle.

Wie kann der gelingen?

Da müssen wir an vielen Stellen anknüpfen. Jazz ist akademisiert worden, man kann es studieren. Aber die Jurys bei den Aufnahmeprüfungen sind oft rein männlich. Und die entscheiden, wer reinkommt. Ich war bei meiner Berufung 2018 die erste Professorin für ein Jazzinstrumentalfach in Deutschland.

Foto: Sally Lazic

Eva Klesse, 33, lehrt Jazzschlagzeug an der Musikhochschule Hannover.

Mehr als 50 Jahre nachdem hierzulande zum ersten Mal Jazz an einer Hochschule unterrichtet wurde.

Die Skandinavier machen das besser. Dort kommen so viele fantastische Musikerinnen her, die Förderung ist einfach besser.

Wie hoch ist der Frauenanteil unter Ihren Studierenden aktuell?

Im Moment sind alle meine Hauptfachstudenten männlich.