Kaum Beratungen zum Jobwechsel

Die Arbeitnehmerkammer hat im vergangenen Jahr seltener zum Thema Eigenkündigung beraten

Die konjunkturelle Delle in Deutschland verunsichert nach Angaben der Arbeitnehmerkammer in Bremen die Beschäftigten und führt dazu, dass die Bereitschaft für einen mit Risiken behafteten Jobwechsel abnimmt. „Unsere Beratungen zu Eigenkündigungen haben im vergangenen Jahr mit einem Minus von zehn Prozent deutlich abgenommen, weil der Arbeitsmarkt weniger Alternativen bietet“, sagte Hauptgeschäftsführer Ingo Schierenbeck am Freitag mit Blick auf die Beratungsbilanz der Kammer.

2019 habe sie im Land Bremen fast 97.000 Beratungen geleistet, vornehmlich zu arbeitsrechtlichen und steuerlichen Fragen.

Damit waren es fast genau so viele Beratungen wie im Vorjahr. „Die Zahl der Konflikte in den Betrieben scheint nicht abzunehmen“, sagte Schierenbeck. Wie seit Längerem sei auch in den zurückliegenden zwölf Monaten der Beratungsbedarf beim Thema Vergütung am höchsten gewesen. Das führt Schierenbeck unter anderem auf die sinkende Zahl der tarifgebundenen Betriebe zurück, die seinen Angaben zufolge nur noch bei 17 Prozent liegt. Vor einem Jahr sprach die Kammer noch von 20 Prozent. Schierenbeck: „Ohne Regeln steigt der Streit.“

Überrascht hat die Kammer die wachsende Zahl von Beratungen rund um die Rente, die um knapp elf Prozent zugelegt hat. „Viele ältere Arbeitnehmer erkundigten sich vor allem über die Möglichkeit, nach Rentenbeginn beispielsweise mit einem Minijob etwas hinzuzuverdienen, weil sie anders ihren Lebensstandard nicht halten können“, sagte Schierenbeck. Das treffe besonders auf alleinstehende Frauen zu. Niedrige Verdienste oder lange Familienphasen führten hier oft zu nicht existenzsichernden gesetzlichen Renten. Ohnehin sei die Mehrzahl der Ratsuchenden (57 Prozent) Frauen.

Mit knapp zehn Prozent haben auch die Beratungen zu gesundheitlichen Belastungen stark zugenommen. „Wir hören oft Sätze wie: Ich kann nicht mehr“, sagte die Leiterin der Rechtsberatung, Kaarina Hauer. Als Grund werde häufig Arbeitsverdichtung angeführt. Nach knapp 46.600 Beratungen zu Arbeitsrechtsfragen stellen fast 36.700 Steuerberatungen den zweitgrößten Teil in der Kammerstatistik des vergangenen Jahres dar. Häufigste Themen waren hier das Kindergeld, die Kinderbetreuungskosten und Kinderfreibeträge sowie Reisekosten und haushaltsnahe Dienstleistungen. (epd)