Silvester-Gewalt in Leipzig-Connewitz: Beide Seiten kritisieren

In Leipzig haben sich beide Seiten falsch verhalten: Polizei und Linksautonome. Eine differenzierte Diskussion scheint kaum möglich.

Umgekippter Einkaufswagen auf Kreuzung

Randale in Leipzig-Connewitz Foto: dpa

Wer nach den Silvester-Ausschreitungen von Leipzig-Connewitz eine differenzierte Debatte führen möchte, braucht ein dickes Fell. Auf Twitter kassieren User, die die Polizeistrategie hinterfragen, Beleidigungen und Drohungen. Der Polizeipräsident persönlich bezeichnet Kritik an seinen Leuten in einer Pressemitteilung als „erschreckend“. Teile der CDU werfen insbesondere der Linkspartei vor, sie verharmlose und dulde Gewalt. Ein mehrdimensionaler Blick auf die Ereignisse von Connewitz? Scheint derzeit so akzeptiert wie eine Mitgliedschaft in der RAF.

Dabei ist es kognitiv eigentlich gar nicht so schwer, sowohl die gewaltaffinen Randalierer als auch die staatlichen Gegenmaßnahmen zu kritisieren. Dass in Leipzig Teile der linksextremen Szene auf Gewalt an Silvester hinfiebern, ist zu verurteilen. Es greifen in diesem Fall noch nicht mal die gängigen linksextremen Rechtfertigungsmuster für politische Gewalt – sei es das der Notwehr oder das des Generierens von Aufmerksamkeit. Aus dem Spek­trum der demokratischen Parteien heraus gibt es schon gar keine Unterstützung für die Täter.

Aber gleichzeitig gibt es genug gute Gründe, auch den Polizeieinsatz zu kritisieren. Erstens: Die Verantwortlichen hatten sich dazu entschieden, der drohenden Gewalt mit massiver, sichtbarer Präsenz zu begegnen. Diese Strategie ist offensichtlich nicht aufgegangen. Natürlich ist es da legitim zu fordern, in Zukunft andere Strategien zu wählen. Zweitens: In Pressemitteilungen und in den sozialen Medien verhielt sich die Polizei in der Silvesternacht nicht wie ein neutrales staatliches Organ, sondern wie ein politischer Akteur. Das ist aber nicht ihre Rolle, auch wenn die Reaktion der dafür verantwortlichen Beamten angesichts eines schwer verletzten Kollegen nachvollziehbar sein mag.

Und drittens: Zwei Tage nach den Ausschreitungen mehren sich die Zweifel daran, ob die Situation tatsächlich in allen Details so dramatisch war wie von der Polizei dargestellt. Die Verantwortlichen müssen sich daher Nachfragen gefallen lassen – auch dann, wenn andere die Gewalt gesucht haben.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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