Vor und zurück: I’m Not A Band wollen ein zukünftiges Genre definieren, Bonsai Kitten beleben den Rockabilly wieder

Seltsame Band. Nicht nur, weil sie bereits im Bandnamen schon behaupten, gar keine Band zu sein. I’m Not A Band haben sich offensichtlich nicht wenige Gedanken gemacht, wie man, ohne auch nur eine einzige Note gespielt zu haben, schon surreale Effekte beim potentiellen Zuhörer auslösen kann. Noch ausführlicher allerdings haben sie sich damit beschäftigt, wie man mit einer überschaubaren Anzahl musikalischer Mittel für größtmögliche Verwirrung sorgt.

Denn schon das erste Stück von „Band Band“, dem Debütalbum nach einer ersten EP aus dem vergangenen Jahr, ist eigentlich eine Zumutung: In „The Contest“ treffen angegraute Kirchen-Orgel-Harmonien und fast noch altertümlicher anmutende Videospiel-Gefiepse aufeinander. Ständig lassen Stephan Jung und Kassandra Papak Elemente aufeinander prallen, die sich bislang – und aus gutem Grund – eher aus dem Weg gegangen sind. In „A Trip“ liegt ein Rondo-Veneziano-artiges Streicher-Arrangement im Clinch mit knallenden Club-Beats, für „Baltic Sea“ werden akustische Klimpergitarre und romantische Violine von einer tiefergelegten Basslinie zur Seite geboxt, und die hysterische Zigeuner-Fiedel aus „Policeman“ wird nur notdürftig von einem funky Beat in Zaum gehalten.

Nicht, dass die beiden nicht auch anders könnten: „Shadow Gaps“ ist ein ziemlich eleganter Electro-Popsong, in dem die meist unvermeidliche Geige gar nicht unangenehm auffällt, sondern die wohl dosierte Melancholie sogar kongenial unterstützt. Aber solch eine Geschlossenheit ist gar nicht die Absicht von Sounddesigner Jung: Dessen Idee von einem gelungenen Klangbild lebt vornehmlich von den Kontrasten, die entstehen, wenn man Pop mit Spurenelementen aus der klassischen Musik versetzt. Erstaunlich ist allerdings, dass man damit auch heute noch derart erstaunliche Effekte erzielen kann. Denn was immer man von I’m Not A Band halten mag: es klingt zwar bizarr, aber eben auch ziemlich mutig.

Während I’m Not A Band noch daran arbeiten, ein zukünftiges Genre zu definieren, sind Bonsai Kitten damit zugange, einen fast schon vergessenen Stil zu rekonstruieren. Seit 2005 widmet sich die Band um Sängerin Tiger Lilly Marleen hingebungsvoll dem Rockabilly, der mit Punk-Attitüde aufpoliert wird zum, wie ihn die Band nennt, Killbilly. Da ist es nicht verwunderlich, dass das neue Album „Welcome To My World“ keine musikalischen Revolutionen auslöst, aber sehr gekonnt die Achtzigerjahre nachstellt, als der trashige Garagen-Rock der Cramps tatsächlich noch innovativ war und Blondie, deren „Hanging On The Telephone“ hier gecovert wird, den Pop-Punk erfanden.

Mit solchen Idolen im Rücken stimmen die Details von der Comic-Superschurken-Ästhetik über die verzerrten Gitarren und den klappernden Country-Rhythmus bis zu den Texten, die nicht nur in „Life Is A Bitch And So Am I“ ein aggressives Schlampen-Image zur feministischen Selbstermächtigung umdeuten. Das ist, zugegeben, nicht gerade neu, aber immer noch sehr sympathisch. THOMAS WINKLER

■ I’m Not A Band: „Band Band“ (AdP Records/Alive), Record Release Show am 25. 8. im Lido

■ Bonsai Kitten: „Welcome To My World“ (Wolverine/Soulfood), live am 30. 8. bei Natulis Art Temporary