Initiative „Neue Wege für Berlin“: Kleingedrucktes lesen!

Die Immo-Lobby sammelte mit Promo-Agentur und wohl komischen Methoden gegen den Mietendeckel. Einer Agentur hat die Ini nun gekündigt.

Unterschriftensammlung und Demo: Menschen protestieren in gelben Westen, einer hält ein Schild hoch, auf dem steht: "Eure Armut kotzt uns an"

Vermieter-Demo am Montag: Gegendemonstrant*innen hatten sich unter die Demo gemischt Foto: Gareth Joswig

BERLIN taz | Ole Kloss fragte lieber zweimal nach, bevor er die Unterschriftenliste auf der „Fridays for Future“-Demo unterschrieb. „Der Unterschriftensammler von ‚Neue Wege für Berlin‘ kam beim Klimastreik auf uns zu und sagte, er sammele für 100.000 neue soziale Wohnungen in Berlin.“ Klingt erst mal gut. Der Soziologie-Student an der HU hakte dennoch nach, worum es genau ginge: „Wir haben ihn ausgefragt und irgendwann hat der Unterschriftensammler damit rausgerückt, dass sie gegen Enteignungen sammeln.“

Kloss fühlte sich getäuscht: „Ich habe das Gefühl, dass mit Methode Unterschriften erschlichen werden und diese gegen Deckel und Enteignungen präsentiert werden sollen, obwohl Leute nur für neue Wohnungen unterschrieben haben“, sagt er. Als er dann beim nächsten Treffen mit einem Sammler vor der HU-Mensa darüber diskutieren wollte, habe sich herausgestellt, dass die Sammler keine richtige Ahnung hatten, wofür sie überhaupt sammelten, so Kloss: „Er sagte, er mache das nur als Job über eine Promotionsfirma und könne nicht drüber diskutieren, weil er gar nicht so viel drüber weiß.“

Die Initiative „Neue Wege für Berlin“ der Immobilien-Wirtschaft sammelt seit kurzem Unterschriften gegen die Wohnungspolitik des rot-rot-grünen Senats und das Enteignungs-Volksbegehren. Am Montag hatte sie zur Demo gegen den Mietendeckel aufgerufen.

Fragwürdigen Methoden beim Akquirieren von Unterschriften widerspricht Bernhard Schodrowski von „Neue Wege für Berlin“ allerdings vehement. Man wolle „niemanden unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu bringen, Unterschriften zu leisten“, sagt er. Die Sammler*innen würden gebrieft – „Wir wollen das jetzt zum Anlass nehmen, noch mal nachzubriefen. Alle, die Unterschriften sammeln, sind natürlich dazu angehalten, zu erklären, worum es geht.“ Dazu gehörten auch Mietendeckel und Enteignungen.

Zusammenarbeit eingestellt

Kurz nach der taz-Anfrage teilt er dann mit, dass die Zusammenarbeit mit einer von zwei Promotions-Agenturen mittlerweile eingestellt ist – „für eine einfachere interne Kommunikation arbeiten wir nur noch mit einer Promo-Agentur zusammen“, sagt er.

Schodrowski macht allerdings auch geltend, dass Mietendeckel und Enteignungen auf der Unterschriftenliste explizit erwähnt sind. Und das stimmt: Im Kleingedruckten wird auf den Listen darauf hingewiesen, dass sich die Sammlung gegen Enteignungen und Mietendeckel richten. Schodrowski sagt: „Dass darf man von Studenten schon erwarten, dass sie auch Texte lesen, die sie unterschreiben.“

Dass die Ini das Sammeln für Unterschriften für 13 Euro die Stunde outgesourct hat, findet Schodrowski normal: „Wir behelfen uns mit Promotion-Agenturen, das machen Nabu, Greenpeace und WWF auch.“

Kloss und anderen Studierenden war das wohl nicht so klar. Kloss wies auch noch mal über einen Mail-Verteiler der Uni darauf hin, wofür die Leute vor der Mensa Unterschriften sammeln. Eine der Antworten war: „Danke für den Hinweis! Tja, nun muss ich wohl einen Weg finden, meine Unterschrift zu widerrufen.“

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