Gemüse ohne Folie wird schlecht: Ohne Plastik noch mehr Müll

Derzeit landen mehr Gurken als üblich im Müll, weil sie ohne Plastikfolie den Transport aus Spanien oft nicht heil überstehen.

Bundesentwicklungsminister, informiert sich in einem Berliner Lidl-Supermarkt zu fairem Einkauf und fragt bei einem gemeinsamen Supermarkt-Rundgang mit Journalisten, warum Bio-Gurken in Plastikfolie eingepackt sein müssen.

Gurken ohne Plastikfolie – nicht unbedingt nachhaltiger Foto: dpa

BERLIN taz | Selbst der Schnee ist nicht mehr das, was er mal war: Es schneit Mikroplastik. Das haben Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven gezeigt, auf Helgoland, in Bayern, auch in der Arktis. Als Paradebeispiel für den Verbrauch im Übermaß gilt vielen die in Folie eingeschweißte Gurke aus dem Supermarkt – hat sie doch schon selbst eine Schale. So hat in den letzten Monaten eine Lebensmittelkette nach der anderen reagiert – und die Folien verbannt. Nur gibt es jetzt ein neues Problem: Die Früchte verderben schneller.

Derzeit kommen die Gurken vor allem aus Spanien. Der Weg vom Feld zum Supermarktregal dauert länger als im Juli oder August, wenn die Gurken in Deutschland Saison haben. Und das bei den Deutschen beliebte Gemüse ist von Natur aus sensibler, als man denkt. Hitze, Stöße, all das verträgt sie nicht, da sie zu 96 Prozent aus Wasser besteht. So landen nun tonnenweise spanische Salatgurken auf dem Müll – und die Händler klagen über große Verluste.

„Die Abschriften haben sich verdoppelt“, erklärt Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Die Gurken schrumpelten, würden gelblich, ließen sich nicht mehr verkaufen. Dem Fachblatt Lebensmittel Zeitung erklärte unlängst ein Branchenexperte, es entstünde pro Lkw-Ladung ein Schaden von 25.000 Euro.

Henning Wilts leitet die Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Er sagt: „Nur auf das Plastik zu verzichten, das reicht nicht, Kühlketten müssen umgestellt, Transportzeiten verringert, Zwischenlager minimiert werden.“ Daran arbeiteten einige Ketten bereits. Es gehe.

Kunden stecken in einem Dilemma

Edeka zum Beispiel erklärte dieser Zeitung, bei ihnen gebe es mit unverpackten spanischen Gurken „keinerlei ­Qualitätsprobleme“, dafür gebe es eine „enge Zusammenarbeit mit den Produzenten vor Ort sowie effiziente Prozesse und Transportwege in der Logistik“.

Doch andernorts stecken „Kunden in einem Dilemma“, sagt Sonia Grimminger, Expertin für Verpackungen im Umweltbundesamt. Für Händler gebe es nach wie vor zwei Gründe, warum sie nicht auf eine Verpackung verzichten wollten: Die Lebensmittel hielten länger frisch, weil sie Sauerstoff, Licht, Reifegase abhielten. Außerdem argumentierten sie, dass sich mit ihnen Bioprodukte von herkömmlichen unterscheiden ließen. Wenn es also eine Verpackung sein soll? Entscheidend sei dann: „Sie muss recycelbar sein.“

In der Ökobilanz schneidet Papier schlechter ab

Tiefkühlhersteller Frosta ersetzt derweil Plastik durch Papier. Das Unternehmen aus Bremerhaven will spätestens Ende 2020 seine Produkte nur noch im Papierbeutel einpacken. Die könnten Kunden in die Altpapiertonne werfen, heißt es dort, sie seien „besonders leicht zu recyceln“. Papier? In der Ökobilanz schneide es oft schlechter ab als Plastik, sagt Expertin Grimminger: „Für die Herstellung wird mehr Energie und Wasser verwendet als bei Plastik.“

Aus Umweltsicht sei es immer am sinnvollsten, Gurken – und jedes andere Gemüse – nur dann zu kaufen, wenn es Saison hat, sagt sie am Ende. Dann müssten die Früchte nicht weit transportiert werden.

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