Atomtransporte nach Russland: Anfahrt um einen Tag verzögert

Aus Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage ist ein weiterer Transport nach Sibirien gestartet. Für Aktivisten ist das illegale Entsorgung.

Auf dem Gepäckträger eines Fahrrads ist ein gelber Luftballon mit dem Zeichen für Radioaktivität festgeklemmt

Ermutigung für Aktivist*innen in Russland: Proteste gegen Atommülltransporte in Westfalen Foto: dpa

BOCHUM taz | Ein neuer Atomtransport hat Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau im Münsterland in Richtung Russland verlassen. „Der Zug ist um 11 Uhr 13 losgefahren“, sagte der Matthias Eickhoff vom Bündnis Sofortiger Atomausstieg der taz. „Durch unsere Proteste konnten wir die Abfahrt schon jetzt um mindestens einen Tag verzögern.“ Bei Münster hätten sich Atomkraftgegner*innen über der Bahnstrecke abgeseilt, um den Uranzug zu blockieren, so Eickhoff.

Umweltschützer*innen aus Deutschland und Russland demonstrieren seit Monaten gegen die Transporte. Sie werfen dem UAA-Betreiber Urenco illegale Atommüllentsorgung vor: Die Urananreicherungsanlage ist mit einer unbefristeten Betriebsgenehmigung vom deutschen Atomausstieg ausgenommen und beliefert dutzende Atomkraftwerke weltweit. In Gronau häuft die UAA dadurch zehntausende Tonnen von radioaktivem und hochgiftigem Uranhexafluorid an, dessen sichere Entsorgung völlig ungeklärt ist.

Nach Aussagen russischer Atomkraftgegner rosten Atommüllbehälter aus Gronau am Ural weiter unter freiem Himmel vor sich hin. 2009 hatte Urenco die Transporte deshalb nach massiven Protesten eingestellt. In diesem Jahr wurden sie aber überraschend wieder aufgenommen: Geliefert werde kein Atommüll, sondern „Wertstoff“, der in Russland irgendwann wieder angereichert werden könne, argumentieren Urenco-Vertreter.

Erst am gestrigen Montag hatten hunderte Atomkraftgegner*innen an 13 Orten entlang der Zugstrecke demonstriert, etwa in Gronau, Münster, Hamm, Mönchengladbach – und in Amsterdam, wo das Uranhexafluorid aus das Transportschiff „Mikhail Dudin“ verladen wird.

Proteste machen Mut

Schon Mitte November hatten Aktivist*innen den vorhergehenden Uranzug mit einer Abseilaktion mehr als sieben Stunden lang blockiert. Auf Twitter berichteten Umweltschützer*innen am diesem Dienstag, rund um Gronau seien Hubschrauber in der Luft und viel Polizei vor Ort.

„Die Proteste hier in Deutschland machen uns Mut“, sagte der russische Atomkraftgegner Vladimir Slivyak von der Umweltschutzorganisation Ekodefense, der in Gronau vor Ort ist. In Russland haben bereits mehr als 53.000 Menschen eine Protest-Petition gegen die Urantransporte unterzeichnet – trotz massiver Repression: So drohen der Ekodefense-Aktivistin Alexandra Korolewa in Russland bis zu zwei Jahre Haft. Korolewa hat deshalb in Dresden einen Antrag auf politisches Asyl gestellt.

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