angestimmt
: Das Recht der anderen

Mit der Solidarität ist es so eine Sache. Menschen, die sich gerne als „links“ deklarieren, führen sie im Munde, als gehörte sie immer schon ihnen, adeln mit „solidarischem Handeln“ diese und jene Facette im eigenen Weltbild – und beklagen so folgerichtig wie erwartbar als „unsolidarisch“, was nicht blanker Beifall ist. So weit, so Waffe bzw. „Zärtlichkeit der Völker“, also: Kitsch.

Zur Solidarität rief dieser Tage aber auch einer auf, der, nennt man ihn „links“, vermutlich den Kärcher aus dem Hobbykeller holt: Dirk Nockemann, der, ahem, Fraktionsführer der AfD in der Bürgerschaft.

Zur Solidarität mit einem örtlichen Amtsrichter rief also dieser Nockemann auf, man könnte mutmaßen: aus alter Gewohnheit, so als langjähriger Schill-Getreuer. Einen konkreten Anlass gab es aber auch: Der linke Mob – oder das, was einer wie Nockemann dafür hält – will dem erwähnten Juristen auf die Pelle rücken. Beim einschlägigen Portal Indymedia wird seit dem 9. Dezember mobilisiert zum gemeinsamen Ausflug nach Buxtehude, da nämlich wohne der Mann, und das an diesem Samstagnachmittag.

Den Anlass stiften des bösen Buxtehuders „zähnefletschende, harte Urteile“ in Sachen G20-Proteste, so heißt es im Ausflugsausruf, dessen Urheber*innen ehrlicherweise aber auch andeuten, dass sie „ein grundsätzliches Problem mit der Justiz haben“ könnten. Ganz ohne lustvollen Verstoß geht es halt auch nicht: Sie könnten den Richter „als das kritisieren, was er ist: Ein reaktionäres Arschloch, ausgerüstet mit Macht und Willen, Menschen einzusperren. Das tun wir aber nicht“.

Stattdessen, nicht ohne der Jahreszeit gemäßen Charme – aber auch nicht ohne passiv-aggressiven Grundton – heißt es da weiter, man wolle den „Knallhart-Richter“ davor bewahren, allein zu sein an diesen schwierigen Tagen. „Zieht Euch warm und dem Anlass angemessen an! Bringt Elche, Schlitten, geschmückte Tannenzweige und Lametta mit! Zwischenkundgebung in Rufweite des einsamen Richters! Seid textsicher im Repertoire der üblichen Weihnachtslieder!“

Übers allernaheliegendste Stöckchen, den Nazi-Vergleich, sollen gerne die Nockemännner dieser Wert springen. Auszusetzen bleibt immer noch genügend an solchem Protest, der die Gruppe dem Einzelnen auf den Hals hetzt und sich, wo mühselige juristische Erwiderung stattfinden müsste, lieber flüchtet ins bequeme Besserwissen. Aus noch mal eigenen Motiven verbot die Stadt Buxtehude den Linken das vorgebliche Liedersingen. Und diese? Legten „vor dem Verwaltungsbericht Stade Widerspruch ein“. Alexander Diehl