heute in bremen
: „Wir machen die Tatorte kenntlich“

Foto: privat

Horst Otto, 67, Rentner, war Geschäftsführer einer Bremer Werbeagentur und engagiert sich bei der Initiative Denkorte.

Interview Lisa Bullerdiek

taz: Herr Otto, warum bezeichnen Sie ein Denkmal als Denkort?

Horst Otto: Weil wir an die Geschichte eines Ortes erinnern und durch Informationen zum Nachdenken anregen wollen. Durch eine InfoTafel wird das Denkmal zu einem Denkort. Wir wollen auch immer zeigen, was genau an dem jeweiligen Platz passiert ist. Auf dem Stadtwerder gab es Gefangenenlager. Wir machen die Tatorte als solche kenntlich.

Was haben die IG Metall und das Lidice-Haus mit dem neuen Denkort zu tun?

Die IG Metall hat bereits 1995 auf dem Stadtwerder ein Denkmal gegen Faschismus errichtet. Weil es vergessen zwischen Autos und Mülltonnen herumstand, hat sie sich entschlossen, es wieder aufzubauen und um unsere Kooperation gebeten. Der neue Standort vor dem Lidice-Haus eignet sich, weil es mitten im Leben ist. Dort kommen jährlich Tausende Jugendliche vorbei, um Seminare zu verschiedenen gesellschaftlichen und auch persönlichen Themen zu besuchen.

Was bedeutet Ihnen die Arbeit in der Initiative?

Eröffnung eines neuen Denkortes gegen Faschismus und Krieg auf dem Stadtwerder: 11 Uhr, vor der Jugendbildungsstätte Lidice-Haus, Weg zum Krähenberg 33a

Ich möchte meinen eigenen Beitrag gegen den Rechtsruck in diesem Land leisten. Für mich bedeutet der Slogan „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, demokratische Kräfte zu stärken und auf politische Alarmsignale wie Aufrüstung hinzuweisen. Wenn Frau Kramp-Karrenbauer oder Frau von der Leyen mehr finanzielle Mittel für das Militär fordern, ist das für mich ein solches Alarmsignal.

Antifaschistische Denkmäler erinnern meist an den Nationalsozialismus. Sie wenden sich auch gegen aktuellen Rechtspopulismus und Aufrüstung. Wie kann diese Verbindung gelingen?

Unser Motto ist: „Erinnern für die Zukunft.“ Wir wollen nicht nur in die Vergangenheit schauen, sondern auch in die Zukunft. Unser Ziel ist es, die Erinnerungskultur in diese Richtung zu öffnen: Was können wir tun, damit so etwas nie wieder passiert? Auch der Begriff „Denken,“ der in unserem Namen verankert ist, ist dabei wichtig. Die Leute sollen nicht nur für sich selbst über die Vergangenheit, sondern auch gemeinschaftlich über die Gegenwart reflektieren. An den Denkorten können sie politische Entwicklungen zusammen besprechen. Das funktioniert. Dieses Jahr haben wir etwa 250 Personen zu diesen Plätzen begleitet.