Hamburger Stadtentwicklung: Spaltung nicht vertieft

Die Hamburger Stadtteile sind sozial nicht weiter auseinander gedriftet. Das zeigt das Sozialmonitoring, auf dessen Basis Fördergebiete gekürt werden.

Ein Mann öffnet die Tür zum Sozialkaufhaus der Diakonie in Rostock.

Weist auf Handlungsbedarf hin: Sozialkaufhaus Foto: Jens Büttner/dpa

HAMBURG taz | Hamburgs Stadtteile sind im vergangenen Jahr nicht weiter auseinandergedriftet, was soziale Aspekte angeht. Das ist das Ergebnis des neuesten Sozialmonitorings, das die Stadtentwicklungsbehörde am Donnerstag vorstellte. Darin hält sich die Zahl der Stadtteile, deren soziale Lage sich verbessert hat, mit denen ungefähr die Waage, in denen sie sich verschlechtert hat. „Erfreulich ist, dass nach wie vor keine zunehmenden Polarisierungstendenzen erkennbar sind“, resümierte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD).

Das Sozialmonitoring, das von der Hamburger Firma F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt erstellt wird, ist für die Behörde ein Frühwarnsystem, nach dem sie ihre Förderung ausrichten kann. Denn es unterscheidet die 852 statistischen Gebiete mit mindestens 300 Einwohnern nicht nur nach ihrem sozialen Status, sondern auch nach ihrer Entwicklungsdynamik: Hat sich die Lage verbessert, verschlechtert oder ist sie gleich geblieben?

Die Stadtteile werden in vier Statuskategorien einsortiert. Sieben Indikatoren werden dafür herangezogen: der Anteil der Kinder und Jugendlichen aus Einwandererfamilien sowie in Haushalten von Alleinerziehenden und in Mindestsicherung; der Anteil von Sozialhilfeempfängern einschließlich Asylgeldempfängern; der Anteil der Langzeitarbeitslosen und der Alten in Mindestsicherung sowie die Schulabschlüsse.

Der Auswertung für das Jahr 2018 zufolge haben 83 Prozent der Gebiete einen mittleren oder hohen Status. In ihnen Wohnen 81 Prozent der Hamburger. Die allermeisten dieser Gebiete sind stabil. Im Vergleich zu 2017 sind zwei Gebiete mit hohem Status auf mittleren Status gesunken, während sechs mit niedrigem Status jetzt als mittel gelten.

Dorothee Stapelfeldt, Stadtentwicklungssenatorin

„Erfreulich ist, dass nach wie vor keine Polarisierungs-tendenzen erkennbar sind“

Anhand der Einstufungen hat die Behörde neun Regionen identifiziert, in denen sich niedrige Einstufungen ballen. Besonders auffällig ist dabei die Dynamik: In Wilhelmsburg und der westlichen inneren Stadt (St. Pauli, Altona Altstadt) haben sich die Indikatoren verbessert, in Jenfeld und Horn, sowie Bergedorf verschlechtert.

Auf Basis der Auswertung von 2017 hat der Senat Lurup, das Zentrum von Jenfeld, Bergedorf-West und Wilhelmsburg-Ost als Fördergebiete in das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung aufgenommen. Neu hinzugekommen ist jetzt Wilstorf-Reeseberg im Bezirk Harburg. Ziel der Förderung seien „lebendige, stabile Quartiere“, sagte Stapelfeldt. Dafür will der Senat in den kommenden sieben Jahren 2,2 Millionen Euro ausgeben.

Ein Projektbüro soll zusammen mit den Bewohnern überlegen, was im Stadtteil verbessert werden könnte. Fest steht schon, dass zwei Spielplätze saniert und ein Eltern-Kind-Zentrum gebaut werden sollen. Angedacht ist auch ein besserer Anschluss an das Zentrum Harburgs, von dem Wilstorf durch eine Hochstraße abgeschnitten ist.

Ein sozialpolitisches Problem ist, dass in ganz Wilstorf bis 2024 gut 58 Prozent der Sozialwohnungen aus der Bindung fallen werden. Das sind fast 500 Wohnungen in einem Stadtteil, wo derzeit noch jede zehnte Wohnung eine Sozialwohnung ist.

Für das Fördergebiet Wilstorf-Reeseberg sprach die parteilose Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen von 300 auslaufenden Sozialwohnungen bis 2022. In dem Gebiet sei Platz für 300 neue Wohnungen, von denen wie im Hamburger „Drittelmix“ ein Drittel Sozialwohnungen werden sollen.

Der Erfolg des Programms soll in Workshops von Fachleuten und der Bevölkerung anhand einer Reihe von Zielen bewertet werden. „Die Sozialstruktur zu ändern, ist nicht die Zielsetzung“, versicherte Jutta Vorkoeper, Mitarbeiterin der Abteilung integrierte Stadtteilentwicklung der Behörde. Es gehe darum, die städtebaulichen Voraussetzungen für das Leben im Stadtteil zu verbessern.

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