Organisches Wachstummit Abermillionen

Beim Tabellenführer RB Leipzig äußert man sich zurückhaltend zum Thema Meisterschaft

Auf Erfolgskurs: Leipzigs energischer Trainer Julian Nagelsmann Foto: dpa/Robert Michael

Aus Leipzig Fabian Held

Die Zahlen sind äußerst beeindruckend. Die vergangenen zehn Pflichtspiele hat RB Leipzig nicht verloren und in diesem Zeitraum stolze 37 Treffer erzielt. In der Bundesliga gab es zuletzt sieben Siege in Folge, die den Brauseklub an die Tabellenspitze führten. Es scheint, also könnte Leipzig ernsthaft um die Deutsche Meisterschaft mitspielen. Doch so recht sagen möchte das bislang noch niemand im Verein.

„Die Punkte bedeuten mir was, der Tabellenplatz nicht“, sagte zum Beispiel Trainer Julian Nagelsmann dem ARD-Hörfunk. Das war nach einem recht gemütlichen 3:0-Erfolg bei Abstiegskandidat Fortuna Düsseldorf. Nach 65 Sekunden hatte Patrick Schick zur 1:0-Führung getroffen, danach wickelten die RB-Spieler die Partie locker ab. Nagelsmann: „Am Ende haben wir ein paar Körner für Dortmund gespart.“

Die Blicke gingen früh auf das Topspiel am heutigen Abend. „Es ist ein Spitzenspiel. Für solche Spiele lebt man als Fußballer. Wir freuen uns riesig und sind gut drauf“, sagte der Österreicher Konrad Laimer. „Da geht es um viel, da werden die Weichen für den restlichen Verlauf der Saison gestellt. Das ist für uns ein 6-Punkte-Spiel“, sagte Timo Werner im ZDF. Der Nationalspieler ist ein wesentlicher Faktor, wieso die Leipziger derzeit so gut dastehen. In den vergangenen sechs Bundesligaspielen hat er immer getroffen, erzielte in 15 Partien 16 Treffer. Nur Robert Lewandowski hat noch zwei mehr.

Es ist ironisch: RB Leipzig ist in den Augen der Kritiker ein dem Geiste der 50+1-Regel widersprechender, mit Abermillionen Euro künstlich hochgezüchteter Verein. Rein sportlich betrachtet ist es aber ein organisches Wachstum, das den Club derzeit so stark macht. In der Startelf gegen Düsseldorf standen nur zwei Neuzugänge: Christopher Nkunku und Patrick Schick.

Der Rest des Teams spielt schon mindestens die dritte Saison in Leipzig. Sechs Spieler haben sogar schon in der zweiten Liga für RB gespielt. Die sicherlich gut aus Fuschl am See alimentierte Kriegskasse von RB wurde meist für sinnvolle Transfers genutzt. So ist über die Jahre eine eingespielte Truppe entstanden.

Sie wurde jetzt um zwei Faktoren ergänzt: Zum einen besitzt der Kader mittlerweile die Tiefe, die eine Spitzenmannschaft braucht, um auch in drei Wettbewerben erfolgreich zu sein. Der erste Einzug ins Achtelfinale der Champions League als Gruppenerster ist ein Beleg dafür.

Zum anderen ist mit Julian Nagelsmann ein Trainer nach Leipzig gekommen, dessen Spielidee zum Team passt. Der junge Coach überlädt gerne das Mittelfeld mit laufstarken Spielern, will darüber zu möglichst vielen Schusschancen im Strafraum kommen. Gelegentlich neigt die Mannschaft aber dazu, wenig effizient zu sein, was im Herbst zu einer Schwächephase führte. „Wichtig ist, dass wir gute Schlüsse gezogen haben“, sagte Nagelsmann mit einem Blick zurück auf den punktearmen Oktober.

Ist jetzt Leipzig, der Tabellenführer, also auch Favorit im Spitzenduell in Dortmund? „Das glaube ich nicht“, sagte Julian Nagelsmann. „Ich glaube, wir sind auf Augenhöhe.“ Ein anderer wird da schon deutlicher. Ralf Rangnick, Vorgänger von Nagelsmann und jetzt Fußball-Chef von RedBull, erklärt gegenüber dem Sender Sky: „Wenn wir von Verletzungen verschont bleiben, denke ich, können wir unter die ersten drei kommen. Und die ersten drei schließt Platz eins mit ein.“