Obligatorische Quittung ab Januar: Altmaier torpediert die Bonpflicht

Um Steuerbetrug zu verhindern, müssen Händler und Gastronomen Kunden künftig immer einen Bon geben. Der Wirtschaftsminister will das stoppen.

Vor der Verkaufstheke einer Bäckerein lieg ein großer Berg mit Kassenzetteln

Die gesammelten Kasselzettel von zwei Tagen liegen in einer Bäckerei in Südlohn (NRW) Foto: dpa

BERLIN taz | Der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zum Stopp der Kassenbonpflicht stößt auf harsche Kritik der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, der Interessenvertretung des Personals in der Steuerverwaltung. „Wir in den Finanzämtern müssen die Vorschriften durchsetzen, und es ist überhaupt nicht förderlich, wenn der Wirtschaftsminister uns nun in den Rücken fällt“, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, der dpa. „Es ist nicht gut für die Finanzverwaltung, aber auch nicht gut für die Unternehmen, weil es zu einer allgemeinen Verunsicherung kommt.

Der Hintergrund: Auf den letzten Drücker torpediert Altmaier die ab Januar geltende Kassenbonpflicht für den Handel und die Gastronomie. Er fordert von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kurzfristig Ausnahmen für Geschäfte, bei denen Kunden keinen Beleg wünschen. Altmaier will die Bonpflicht generell abschaffen.

Die Kassenbonpflicht – wie es sie etwa in Griechenland oder Italien gibt – war ursprünglich ein Projekt von Altmaiers Parteifreund, dem früheren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Damit soll Steuerbetrug im Handel oder in der Gastronomie verhindert werden. Nach Schätzungen des Bundesrechungshofs verliert der Fiskus durch Steuerbetrug dort jährlich mindestens 10 Milliarden Euro. Der neue Paragraf 146 der Abgabenordnung schreibt vor, „Beteiligten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung zu stellen (Beleg­ausgabepflicht)“.

Das Gesetz wurde bereits im Dezember 2016 vom Bundestag beschlossen, tritt aber erst am 1. Januar 2020 in Kraft. Geändert werden kann es bis dahin nicht mehr, denn dem müsste auch der Bundesrat zustimmen. Der Einzel­handel wehrt sich gegen die Bonpflicht. Er verweist auf die Kosten, die damit ver­bunden sind, etwa weil Händler ihre ­Kassen umrüsten müssen.

Jetzt, drei Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes, beklagt Altmaier in einem Brief an Scholz, der der taz vorliegt, den erheblichen Mehraufwand an Bürokratie durch die neue Bonpflicht. Der Christdemokrat fordert in dem Schreiben, die „Belegausgabepflicht komplett abzuschaffen“. Allein die Einzelhandelskette Rewe rechne mit einem Mehreinsatz von Bon-Papier von 40 Prozent, was 140.000 Kilometern Papier entspreche, schreibt der Minister.

Rewe war für eine Erklärung, wo dieser immense Mehrbedarf herkommen soll, nicht zu erreichen. „Auch aus Nachhaltigkeitsgründen sollte dieser Abfall vermieden werden“, fordert Altmaier. Das oft verwendete Thermopapier ist wegen möglicher Gesundheitsgefahren umstritten. Allerdings müssen HändlerInnen und GastronomInnen den Bon nicht zwingend ausdrucken. Sie können Belege auch per App oder E-Mail digital ausstellen.

Altmaier will sofort Ausnahmen

Da die Kassen im Handel bis September 2020 auf manipulationssichere Systeme umrüsten müssen, sei die mit der Bonpflicht „intendierte Vermeidung von Steuerverkürzung nicht plausibel“, findet Altmaier. „Als ersten Schritt sollten wir alle bereits bestehenden Möglichkeiten nutzen, um in möglichst vielen Fällen auf die Belegausgabepflicht zu verzichten und eine praktikable und unbürokratische Lösung für den Handel zu finden“, heißt es in dem Brief. Das könnte schnell geschehen. Denn die Abgabenordnung sieht Ausnahmen vor, mit denen Händler von der Zettelpflicht befreit werden könnten. Das Bundesfinanzministerium hat in einer Verordnung dafür restriktive Vorgaben gemacht. Altmaier fordert, dass Scholz diese Verordnung kurzfristig überarbeitet. Bei Geschäften, bei denen der Kunde typischerweise keinen Bon wolle, solle die Pflicht entfallen.

Die Minister seien im Gespräch, hieß es sowohl vonseiten des Wirtschafts- wie des Finanzministeriums. Eine Stellungnahme wollten beide nicht abgeben.

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