„Nicht mit Hysterie“

Die Grünen-Politikerin Rebecca Harms sagt, dass Wandel durch Ermutigung funktioniert

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Rebecca Harms, 61, war Aktivistin in Gorleben, dann Grünen-Politikerin und EU-Parlamentarierin. 2019 verließ sie das Parlament aufgrund von Differenzen mit der Partei.

taz-Akademie: Frau Harms, Sie waren Aktivistin, bevor sie zu der damals neuen Partei der Grünen kamen. Was ist aus Ihrer Sicht effektiver, Aktivismus oder Politik?

Rebecca Harms: Ich war davon überzeugt, die Ziele in Gorleben durch zivilen Ungehorsam schneller zu erreichen als mit der Neugründung einer Partei. Damit lag ich falsch. Ob es heute eine neue Partei braucht, weiß ich nicht. Ich bin davon überzeugt, dass die Grünen gut darauf vorbereitet sind, Umweltpolitik voranzutreiben.

Was unterscheidet die derzeitige Klimabewegung von der Umweltbewegung der Siebziger?

Wir sind in einer Ausnahmesituation, weil in einigen Industrieländern ein großes Interesse an Klimaschutz da ist – angestoßen von jungen Leuten. Das hat es vorher so nicht gegeben. Es versetzt die Politiker in eine neue Situation, mit dem Thema Klima viel mehr Menschen zu gewinnen.

Bisher haben viele Menschen nicht das Gefühl, dass Spitzenpolitiker*innen an Umweltgesetzen interessiert sind.

Innerhalb der EU gibt es immerhin verbindliche Umweltgesetze. Weniger Pestizide, Bodenschutz, Wasserqualität… Und in Deutschland will sich der Bundesrat erneut mit dem Klimapaket befassen.

Diese EU-Regelungen sorgen bei Bauern für Aufregung. Schließen aktuelle Klimagesetze alle Teile der Gesellschaft mit ein?

Der Protest zeigt, dass es eine Verständigung geben muss. Dafür muss die Politik sorgen. Die Klimapolitik hat sich lange auf Energie begrenzt. Heute sind Bereiche wie Verkehr, Bau oder Landwirtschaft eingebunden und damit die gesamte Gesellschaft.

Welchen Beitrag können Aktivist*innen leisten?

Ich kann verstehen, dass vielen bisher zu wenig passiert ist. Ermutigung funktioniert aber nicht mit Hysterie. Ich kann aus meiner Erfahrung mit der Anti-Atombewegung sagen, dass positive Alternativen wichtig sind. Durch düstere Zukunftsszenarien werden Menschen entmutigt.

Interview: Natalie Meyer,

Journalistin