Baustelle rettet Kieler Diesel

In der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt soll es zunächst kein Dieselfahrverbot geben. Den Verantwortlichen ist aufgefallen, dass an der am meisten belasteten Straße bald ohnehin gebaut wird

Die Kraftstoffe werden beide aus Erdöl hergestellt, unterscheiden sich aber in ihren Eigenschaften.

Benzin ist sehr leicht entzündlich. In einem Ottomotor wird das Benzin mithilfe von Zündkerzen entzündet. Durch die Wärme dehnen sich zugeführte Gase aus und versetzen dadurch den Kolben in Bewegung.

Diesel ist weniger leicht von außen entzündlich. Er wird in den Brennraum des Motors eingespritzt und dabei fein zerstäubt. Im Brennraum ist die Luft so heiß (700 bis 900 Grad Celsius), dass sich der Kraftstoff selbst entzündet.

Weniger Kraftstoff verbrauchen Dieselmotoren. Theoretisch stoßen sie auch rund 15 Prozent weniger CO2 aus als Benziner. Dafür sind Diesel-Autos aber häufig größer (SUVs). Der Vorteil ist deshalb nicht groß. Dafür tragen Dieselfahrzeuge laut Umweltbundesamt mit rund 60 Prozent zur Stickstoffdioxid-(NO2-)Belastung in den Städten bei.

Ein Dieselfahrverbot in Kiel soll doch noch möglichst vermieden werden. Nach einem dreieinhalbstündigen Spitzengespräch äußerten sich Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) und Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) optimistisch, dass bereits im nächsten Jahr die bislang oft überschrittenen Stickstoffdioxid-Grenzwerte auf dem Theodor-Heuss-Ring eingehalten werden könnten. Hierzu sollen vor allem eine Baustelle beitragen und Luftreinigungsfilteranlagen an der Verkehrsachse.

„Es waren schwierige, aber lösungsorientierte Gespräche“, sagten Albrecht und Kämpfer in einer gemeinsamen Stellungnahme. Beide zeigten sich zuversichtlich, sich zügig auf den neuen Luftreinhalteplan für die Stadt Kiel einigen zu können, sodass dieser bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft treten könne. Endgültig sei aber ein Fahrverbot für ältere Diesel der Euronorm 1 bis 5 auf der Fahrbahn Richtung Westen auf dem Theodor-Heuss-Ring noch nicht vom Tisch, betonten beide. Kämpfer schätzte die Chancen „deutlich höher“ als 50 zu 50 ein, dass ein Fahrverbot vermieden werden könne.

Das Umweltministerium hatte seinen überarbeiteten Entwurf des Luftreinhalteplans am Montag der Stadt übermittelt. Er sah noch ein Dieselfahrverbot als unausweichlich an, falls die Stadt keine neuen Vorschläge machen würde.

Albrecht sagte, man wolle die mildesten Mittel anwenden, um die Grenzwerte einzuhalten. Laut Kämpfer wird eine lange geplante Großbaustelle die Luftbelastung ganz erheblich reduzieren, da dann weniger Autos dort fahren werden. Man habe lange gemeinsam seriös am Luftreinhalteplan gearbeitet, „und jetzt müssen wir auch noch gemeinsam den letzten Schritt gehen“.

Albrecht hatte wenige Tage vor dem Treffen das drohende Fahrverbot damit begründet, die Stadt Kiel habe frühere eigene Vorschläge zur Luftreinhaltung zurückgenommen, dadurch könnten die Stickstoffdioxid-Grenzwerte an der Verkehrsachse 2020 und 2021 nicht eingehalten werden. Die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte muss im Jahr 2020 spätestens erreicht werden.

Die Prognosen für die Entwicklung der Stickstoffdioxidbelastung am Theodor-Heuss-Ring zeigen laut Umweltministerium mit 49,9 Mikrogramm je Kubikmeter Luft für das Jahr 2020 und 47,4 Mikrogramm je Kubikmeter Luft für das Jahr 2021 immer noch eine deutliche Überschreitung des Grenzwertes von 40 Mikrogramm für das Jahresmittel. 2018 lag Kiel in der Tabelle der am meisten belasteten deutschen Städte auf dem vierten Platz. (dpa)