Bezirksratswahlen in Hongkong: Chance für eine Deeskalation

Das Wahlergebnis in Hongkong zeigt: Die Bevölkerung steht noch hinter der Demokratiebewegung. Das ist Chance und Herausforderung zugleich.

Menschen jubeln

Unterstützer:innen von Kelvin Lam, Kandidat des pro-demokratischen Lagers, freuen sich Foto: Thoams Peter/reuters

Seit Sonntag haben die Hongkonger empirisch per Wahlurne belegt: Der Großteil von ihnen steht nach wie vor hinter dem prodemokratischen Lager – trotz der steigenden Gewalt auch seitens der Protestbewegung. Viele der Behauptungen Pekings sind durch die Kommunalwahlen widerlegt, etwa dass es sich bei den Demonstranten um vom Ausland finanzierte Randalierer handele.

Für Hongkongs Verwaltungschefin Carrie Lam sollte das eindeutige Wahlergebnis eine letzte Warnung sein, auf die fünf Forderungen der Demokratiebewegung zumindest zuzugehen. Einige von ihnen scheinen utopisch und nicht mit einem Rechtsstaat vereinbar, etwa eine vollständige Amnestie für verurteilte Aktivisten, unter denen sich auch einige radikale Gewalttäter befinden. Das Hauptziel sollte jedoch die Forderung nach freien Wahlen der Hongkonger Regierung sein.

Insofern bietet sich dieser Tage eine seltene Chance, die gewaltsamen Ausschreitungen der letzten Wochen politisch zu lösen. Wenn die Demonstranten ihre Forderungen auf rechtsstaatlichem Wege einbringen können, dann werden sie nicht mehr schwarz vermummt mit Molotowcocktails auf die Straßen ziehen.

Für die Demokratiebewegung werden die nächsten Monate vor allem herausfordernd: Politisch unerfahrene, oftmals gerade aus der Universität kommende Kandidaten haben die Sitze langgedienter Politprofis erobert. Sie müssen nun beweisen, dass sie auch in der Realpolitik funktionieren können.

Ebenso sollten sie sich den wirtschaftlichen Übeln Hongkongs widmen, die bei der Protestbewegung eine womöglich ebenso große Rolle gespielt haben wie die befürchtete Einflussnahme durch Peking. Die Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung ist massiv, Wohnungen sind absurd teuer, viele junge Menschen sind ohne Perspektive.

Die vielleicht erfreulichste Nachricht von Sonntag bleibt jedoch unabhängig vom Wahlergebnis: Seit über drei Tagen ist es in diesem blutigen Konflikt ausnahmslos ruhig geblieben.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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