Allein unter Männern

Am Montag beginnt die Russische Filmwoche

Im Leningrader Winter 1945 kehren zwei Frauen von der Front zurück: Iya (Viktoria Miroshnichenko) hat einen Jungen von dort mitgebracht. Die lange, bleiche Frau ist sehr verschlossen, hat immer wieder unvermittelt starke Anfälle, bei denen sie bis zur Leblosigkeit steif wird. Mascha (Vasilisa Perelygina) hingegen ist lebhafter, scheint offener anderen Menschen gegenüber.

Was zunächst wie ein freudiges Wiedersehen aussieht, irritiert mehr und mehr durch das erratische Verhalten der beiden. Auch unter­einander, so lassen die aufbrechenden Konflikte erkennen, haben sie hinter ihren recht unterschiedlichen Fassaden vieles an Ungelöstem und Unausgesprochenem weggeschoben.

„Bohnenstange“ ist der zweite Spielfilm des 1991 geborenen russischen Regisseurs Kantemir Balagow. Zu sehen ist er im Programm der Russischen Filmwoche, die am Montag im Russischen Haus und im Kino Delphi Lux eröffnet. Für die Geschichte um zwei vom Zweiten Weltkrieg traumatisierte junge Frauen erhielt der Filmemacher dieses Jahr in Cannes in der Sektion „Un certain regard“ den Preis für die beste Regie.

Balagow hält seine Protagonistinnen zueinander ebenso auf Distanz, wie er sie dem Publikum fremd bleiben lässt. Man versteht nicht, warum die Frauen das tun, was sie tun. Oder beginnt erst sehr spät zu erahnen, was ihnen widerfahren sein könnte, das sie, noch relativ früh in ihrem Leben, zu dem gemacht hat, was die Zuschauer sehen: zwei Versehrte, mit Wunden, die sehr lange offen bleiben könnten. Hoffnung gibt allein das Grün des grob gestrickten Pullovers, den Iya trägt.

Neben Filmen, die wie „Bohnenstange“ hierzulande noch keinen Kinostart haben, zeigt die Russische Filmwoche auch Filme, die zuvor regulär auf der Leinwand liefen. So gab es „Ayka“ von Sergei Dwortsewoi schon im April im Kino zu sehen. Das Drama um die titelgebende Kirgisin, die illegal in Moskau lebt und in Schwierigkeiten gerät, als sie schwanger wird, lohnt in jedem Fall. Allein schon wegen der atemlosen Darbietung der Hauptdarstellerin Samal Jesljamowa.

Tim Caspar Boehme

Russische Filmwoche, 25. November bis 1. Dezember, im Russischen Haus und im Kino Delphi Lux; russische-filmwoche.com/de