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Gehässiger Beginn im Trump-Verfahren

Die Impeachment-Anhörung im US-Kongress beginnt, die Parteien beharken sich. Das Thema, um das sich der Skandal eigentlich dreht, spielt die Rolle einer exotischen Kulisse

Die Frisur steht kurz vor der Amtsenthebung: Trump am 12. November auf dem Weg zur „Air Force One“ in New York Foto: Andrew Harnik/ap/dpa

Aus New York Dorothea Hahn

„Kontraproduktiv, unlogisch und verrückt“: So beschreibt William Taylor, US-Botschafter in Kiew das Vorgehen seines Bosses Donald Trump. Als Taylor im Frühsommer in Kiew ankam, fand er dort einerseits eine offizielle Diplomatie vor, aber zugleich „irreguläre Kanäle“, die Trumps Anwalt Rudolph Giuliani koordinierte. Im Spätsommer war der Botschafter so beunruhigt, dass er sein Ministerium informierte. In Washington war Vizeaußenmister George Kent einer der ersten, der Taylors Depesche sah.

An diesem Mittwoch sitzen die beiden Diplomaten nebeneinander vor dem Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses. Sie sind die ersten Zeugen am ersten Tag des öffentlichen Impeachment-Verfahrens gegen Trump, das mehrere Wochen dauern wird. Ihr Auftritt wird live im Fernsehen übertragen. Nach Ansicht der Demokraten im Ausschuss belegen die beiden Insider, dass Trump seine Macht als US-Präsident missbraucht hat: Dass er Militärhilfe an die Ukraine zurückhielt und dass er am Telefon versuchte, den ukrainischen Präsidenten zu Ermittlungen gegen Joe Biden zu drängen, den er für einen gefährlichen Rivalen im nächsten Wahlkampf hielt. Die Republikaner bestreiten die Legitimität des Verfahrens und hinterfragen die Glaubwürdigkeit der Diplomaten.

Kent kennt die Ukraine gut. Er vergleicht die „hoffnungsvolle, junge Nation““ mit den USA „in ihren besten Momenten“ und sagt: „Wir müssen die Ukraine gegen ihren aggressiven Nachbarn Russland unterstützen.“ Nach Posten in Polen und der Ukraine wurde er im vergangenen Jahr Vizeaußenminister für Eurasien. Den 72-jährigen Taylor holte Außenminister Mike Pompeo im Mai aus der Rente, um die Botschaft in Kiew zu übernehmen. Taylor war bereits früher Botschafter dort gewesen. Er nahm den Job erst an, nachdem ihm Pompeo zusagte, dass sich die Ukrainepolitik der USA unter Trump nicht verändert habe.

Bei Sitzungseröffnung weist der Vorsitzende Adam Schiff von den USA-Demokraten darauf hin, dass die USA keine Monarchie sind und eine Gewaltenteilung haben. Direkt nach ihm spricht der Republikaner Devin Nunes von „parteilichen Beamten“, „korrupten Medien“ und „falschen Anschuldigungen“ von Demokraten, die angeblich „das Wahlergebnis von 2016 umwerfen wollen“.

Taylor wartet mit einer Neuigkeit auf. Danach war einer seiner Mitarbeiter am 26. Juli, einen Tag nach dem berüchtigten Telefongespräch zwischen Trump und Wolodimir Selenski, bei einem Telefonat Trumps mit dem US-Botschafter in der EU, Gordon Sonderland, anwesend. Der US-Präsident habe sich nach dem Fortgang der „Ermittlungen“ erkundigt. Sonderland antwortete, dass die Ukraine sich bewege. Nach dem Telefonat will Taylors Mitarbeiter mehr wissen – und erfährt, worum es geht.

Trump hat seinen Mitarbeitern die Aussage verboten, hohe Augenzeugen sind nicht geladen

Im Laufe der mehr als fünf Stunden langen Befragung im Ausschuss betonen die Republikaner, dass die beiden Karrierediplomaten beim Telefonat zwischen den Präsidenten der USA und der Ukraine nicht dabei waren. Sie verlangen auch immer wieder, dass die Identität des Whistleblowers enthüllt wird, der als erster über das Telefonat auspackte und die Affäre damit ins Rollen brachte. Sie behaupten auch, dass Adam Schiff den Whistleblower namentlich kenne.

Am Freitag steht die nächste öffentliche Anhörung an. Trump hat seinen Mitarbeitern verboten auszusagen. Und dem Ausschussvorsitzenden Schiff ist es nicht gelungen, hochrangige direkte Augenzeugen vorzuladen. Zum Beispiel Stabschef Mick Mulvaney, der öffentlich erklärt hat, der Präsident würde solche Dinge – wie den Druck auf Selenski – „ständig tun“.

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