Hisbollah-Verbotsdebatte im Bundestag: Fatale Folgen für Beirut

Die GroKo will den politischen Arm der Hisbollah verbieten. Im Libanon ist die Partei aber eine etablierte Kraft.

Polizisten trennen Hisbollah-und Anti-Regierungs-Demonstranten

Die Polizei in Beirut versucht, Hisbollah-Anhänger von anderen Demonstranten zu trennen Foto: dpa

Seit über zwei Monaten versammeln sich Protestierende im Zentrum Beiruts und anderer größerer libanesischer Städte. Vermehrt kam es zu Zusammenstößen zwischen Unterstützern der Hisbollah und anderen Demonstranten.

Daraus wie der US-Außenminister Pompeo zu folgern, es handele sich um einen Aufstand gegen die Hisbollah, ist töricht. Die Protestierenden eint eine andere Botschaft: Schluss mit der Machtverteilung entlang ethno-religiöser Linien und der damit einhergehenden Korruption. Im Falle der USA ist der alleinige Fokus auf Hisbollah politisch motiviert, als Teil der „maximum pressure“ auf den Iran, dessen wichtigster regionaler Verbündeter die Hisbollah ist. Die USA fordern auch von Europa, die Gesamtorganisation und nicht nur wie bisher ihren militärischen Arm zu verbieten oder als Terrororganisation einzustufen.

Das hat Deutschland stets abgelehnt, denn im Libanon ist die Hisbollah eine etablierte politische Kraft, Teil der Regierung und mit 14 Abgeordneten im Parlament vertreten. Ein Antrag der Koalitionsfraktionen im Bundestag fordert nun, die Unterscheidung zwischen dem politischen und militärischen Arm aufzugeben. Auf dieser Grundlage soll eine „gemeinsame Bewertung“ der EU erfolgen, was einer Terrorlistung der Hisbollah gleichkäme.

Diese Forderung ist kurzsichtig, denn die Auseinandersetzung mit den politischen Repräsentanten der Partei würde so unmöglich. Das würde die Suche nach innenpolitischen Kompromissen erschweren und die Konfliktgefahr im von Bürgerkrieg gezeichneten Land weiter erhöhen – ein Ergebnis, das die Antragsteller erklärtermaßen verhindern wollen.

Auf einem anderen Blatt stehen die militanten Aktivitäten der Hisbollah im Ausland. Dass gegen kriminelle Machenschaften oder antiisraelische Umtriebe auf deutschem Boden vorgegangen wird, sollte selbstverständlich sein. Ein entsprechendes Betätigungsverbot in Deutschland könnte sinnvoll sein, eine Ausgrenzung der politischen Partei im Libanon aber fatal.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist Nahost­experte beim European Council on Foreign Relations (ECFR).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.