Trainerwechsel in der Bundesliga: Spot an!

Jürgen Klinsmann wird Trainer bei Hertha BSC. Er soll den mit Millionen frisch gepäppelten Klub vor dem Absturz bewahren.

Jürgen Klinmann im Medienraum bei Hertha BSC

Bayern hat Hansi, Hertha hat Klinsi. Der neue Trainer von Hertha BSC bei seinem ersten Auftritt Foto: reuters

Nach Aufmerksamkeit in der Stadt sehnt sich Hertha BSC schon lange. Insofern war dieser Mittwoch ein Feiertag für den Klub aus Charlottenburg. Zumal zuletzt vor allem über den hippen Rivalen aus dem Osten, den 1. FC Union Berlin, gesprochen wurde. TV-Wagen mit großen Satellitenschüsseln hatten direkt vor dem Medienraum an der Geschäftsstelle nahe dem Olympiastadion geparkt. Und die 28 Sitzmöglichkeiten reichten natürlich bei Weitem nicht aus. Mehr als doppelt so viele Journalisten drängten sich in den Raum, weil die Vorstellung des neuen Trainers Jürgen Klinsmann angekündigt war, nachdem zuvor Ante Čović entlassen wurde.

Nicht ohne Stolz stellte Geschäftsführer Michael Preetz Klinsmann, als „charismatischen Fußballer“ und als einen Mann mit „großer Stahlkraft“ vor, der „maßgeblich das Sommermärchen bei der WM 2006 mitgeprägt hat“. Klinsmann selbst wies auf seine schon langjährige Verbindung zum Verein hin – durch seinen Vater, der Hertha-Fan war, durch seinen Sohn, der als Torhüter beim Klub gespielt hat, und in den letzten Wochen durch seine engen Verbindungen zum Investor Lars Windhorst.

Vor Kurzem erst hatte der Geschäftsmann Klinsmann überredet, als Aufsichtsrat bei Hertha einzusteigen. Nun ist der 55-Jährige plötzlich Trainer. Unvorbereitet trifft ihn das nicht, betonte Klinsmann, selbst wenn das über Nacht passiert sei. Um ein Haar wäre er ja Nationaltrainer von Ecuador geworden. Offenbar hat er auch für das Szenario Bundesliga vorgesorgt. Denn er stellte am Mittwoch bereits direkt nach Ankunft aus Kalifornien ein komplettes Funktionsteam vor.

Der einstige Werder Bremen-Coach Alexander Nouri wird sein Assistent, von DFB-Manager Oliver Bierhoff habe er zugebilligt bekommen, dass Torwarttrainer Andreas Köpke bis zum Jahresende die Hertha-Keeper betreuen darf. Dann ist er wieder für die DFB-Torhüter verantwortlich. Einen neuen Fitnesscoach gibt es natürlich auch. Und Arne Friedrich, der Ex-Herthaspieler und Sommermärchen-Mitspieler, wird künftig „Performance Manager“, so Klinsmann. Ein Bindeglied zwischen Team und Geschäftsführung.

Lob für den Investor

Am meisten schwärmte Klinsmann von Investor Lars Windhorst. „Er hat sich committed, hier etwas aufzubauen.“ Das sei ein unglaubliches Investment. Schon lange würde man in Berlin vom „schlafenden Riesen“ und dem Potenzial des Vereins sprechen und darüber klagen, dass nichts in Bewegung kommt. „Der Lars“, sagte Klinsmann, „hat nun einen riesigen Schubser gegeben.“

Jürgen Klinsmann über den Investor

„Lars Windhorst hat sich committed, hier etwas aufzubauen“

Dass er nun im Vordergrund wirkt, scheint Klinsmann sehr zu gefallen. „Ich habe eine große Lust, eine große Freude drauf“, sagte er vor seinem ersten Training mit den Profis. Und um die Aufbruchstimmung, die er erzeugen will, schon ein wenig zu befeuern, sagte er: „Wir legen nachher los, dann könnt ihr ja ein bisschen zuschauen.“ Solange Klinsmann das Training leitet, wird sein Posten im Aufsichtsrat ruhen.

Hertha BSC, das nach der Niederlage im Stadtduell gegen Union Berlin und der 0:4-Pleite beim FC Augsburg ziemlich platt am Boden liegt, sehnt sich wohl nach einem Stimmungsaufheller. Auch die Personalie Arne Friedrich lässt vermuten, dass man sich im grauen Berliner November nach ein wenig Sommermärchenstimmung sehnt. Mit Torwarttrainer Andreas Köpke kommt ja ein weiterer Protagonist des Schwarz-Rot-Goldrauschs von 2006.

Um das Paket sportlich abzurunden, wird Alexander Nouri Assistenztrainer und in einer ähnlichen Rolle wie Joachim Löw 2006 wohl Taktikgeber. Die Erfolge der Trainer Klinsmann und Nouri halten sich dabei in Grenzen. Klinsmann hat beim DFB gewiss viel bewegt und aus einer bedingt begabten Ansammlung von Spielern einen WM-Dritten geformt. Sein Engagement beim FC Bayern München, für das er immer noch dankbar sei, wie er am Mittwoch meint, endete dagegen 2009 nach nur zehn Monaten mit einem Rauswurf. Danach war er von 2011 bis 2016 Nationaltrainer der USA, zog wieder viel Aufmerksamkeit auf sich und scheiterte doch.

Co-Trainer Nouri hat auch schon zwei Rausschmisse hinter sich. Nach ein paar ordentlichen Spielen 2016 an der Linie bei Werder Bremen lief bald nicht mehr viel zusammen. Auch als ihn der FC Ingolstadt nach katastrophalem Fehlstart in die Zweitligasaison 2018/19 verpflichtet hat, scheiterte er schnell. Nach acht sieglosen Spielen war er seinen Job wieder los. Jetzt darf er zusammen mit Markus Feldhoff, der sein Co-Trainer in Bremen und Ingolstadt war, in der zweiten Reihe hinter Klinsmann ran, um dabei zu helfen, das aus Hertha zu machen, was sich Investor Lars Windhost wünscht: einen „Big City Club“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.