Neue Hoffnung für Gerson Liebl

Der Petitionsausschuss hat dem in Togo geborenen Enkel eines deutschen Kolonialbeamten einen Weg zum Bleiberecht aufgezeigt. Bei ausreichendem Einkommen kann er einen Aufenthaltstitel bekommen

Behördenkampf seit 28 Jahren: Gerson Liebl Foto: F.: Wolfgang Borrs

Von Susanne Memarnia

Nach neuntägigem Hungern und Frieren vor dem Roten Rathaus hat Gerson Liebl seinen Hungerstreik Ende voriger Woche beendet. Zwar hat der 58-jährige gebürtige Togoer, der seit 28 Jahren dafür kämpft, Deutscher zu werden (taz berichtete), sein Ziel nicht erreicht. Doch immerhin hat der Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses ihm ein Angebot gemacht, das Hoffnung weckt. Wenn er einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug stellt, würde ihm die Ausländerbehörde diese unter gewissen Voraussetzungen wohl erteilen, schreibt der Vorsitzende des Ausschusses, Kristian Ronneburg (Linke), in einem Schreiben, das der taz vorliegt. „Ich habe alle Papiere dafür beisammen“, so Liebl am Mittwoch zur taz, am Donnerstag gehe er zur Behörde. Sollte der Antrag folgenlos bleiben, werde er seinen Streik fortsetzen.

Liebl war 1991 erstmals aus Togo nach Deutschland eingereist. Nach erfolglosen Asylanträgen beantragte er die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem Argument, sein deutscher Großvater, Fritz Liebl, habe seine togoische Großmutter nach Stammesrecht geheiratet und den aus der Ehe entsprossenen Sohn, Gersons Vater, auch anerkannt. Weil die Ehe jedoch nicht nach deutschem Recht geschlossen war, was seinerzeit aus rassistischen Gründen gar nicht möglich war, und weil bis in die 60er Jahre nur eheliche Kinder von deutschen Vätern automatisch die Staatsangehörigkeit bekamen, war er damit wiederholt vor Gerichten gescheitert.

2009 war Liebl nach Togo abgeschoben worden, seine Frau, die ebenfalls aus Togo kommt, und der gemeinsame Sohn durften aufgrund einer Härtefallregelung bleiben. Ende 2017 konnte Liebl zurückkehren, weil sein Sohn inzwischen Deutscher geworden war. Dennoch hat Liebl bis heute keine legalen Aufenthaltstitel.

Der grüne Bezirksabgeordnete aus Friedrichshain-Kreuzberg, Wolfgang Lenk, hatte daher im Mai eine Petition ans Abgeordnetenhaus eingereicht, mit der Bitte, Liebl – sowie anderen Abkömmlingen deutscher Kolonialbeamter –, die deutsche Staatsangehörigkeit zuzuerkennen und so ein koloniales Unrecht wiedergutzumachen. Bis dahin, so Lenk, solle man Liebl vorläufigen Aufenthalt gewähren. Diesem Ansinnen könne zwar nicht entsprochen werden, so Ronneburg in dem erwähnten Antwortschreiben, da die Behandlung postkolonialer Fragen Sache des Bundestages sei. Doch wenn Liebl seinen Lebensunterhalt nachweisen könne sowie Bemühungen, einen togoischen Pass zu bekommen, sei zumindest ein Aufenthaltstitel denkbar.

Lenk, der Liebl seit Jahren begleitet, zeigt sich daher zuversichtlich. Liebls Frau Ginette habe genug Einkommen für die ganze Familie und könne schon heute die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen, Liebl könne dies in ein paar Jahren vermutlich ebenfalls tun. „Ich hoffe, er wird diesen Weg gehen.“ Liebl selbst hält allerdings weiter an seinem ursprünglichen Ziel – Anerkennung als Deutscher aufgrund von Abstammung – fest. Er sagt: „Ich glaube, die Behörden wollen mich nur schikanieren.“