Das grüne Band: Am ehemaligen Todestreifen

Es ist nicht viel los am Betonplattenweg auf der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Abstecher bei der „Grenzerfahrung in Wanderstiefeln“ lohnen sich.

Loch im Zaun

Point Alpha ist einer von vier US-Beobachtungsstützpunkten an der innerdeutschen Grenze Foto: imago images/Viadata

Stationen am Grünen Band, dem fast 1.400 Kilometer lange Geländestreifen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Der 50 bis 200 Meter breite Streifen geht von Travemünde bis zum Dreiländereck bei Hof. Ein Weg auf Beton-Loch­platten, auf dem einst die DDR Grenzstreifen patrouillierten. Gepriesen wird das Grüne Band als Rückzugsort für seltene Tiere und Pflanzen, ein „Biotopverbundsystem durch ganz Deutschland“ so der BUND. Versprochen wird: „Grenzerfahrung in Wander­stiefeln“.

Etwa Point Alpha – der „heißeste Punkt des Kalten Krieges“ – im Südwesten Thüringens an der Grenze zu Hessen, nahe der Stadt Geisa. Aufgrund seiner günstigen Lage auf einem 411 Meter hohen Bergrücken eignete sich der Standort gut zum Beobachten der Kontrahenten und zum Abhören von Funksprüchen. Das sogenannte „Fulda Gap“ in Osthessen galt als das strategische Einfallstor der Truppen des Warschauer Pakts in das Bündnisgebiet der Nato.

Heute ist hier am Grenzstreifen eine Gedenkstätte der Geschichte des Kalten Krieges und der Konfrontation der beiden Militärbündnisse Nato und Warschauer Pakt. Dazu gehört der ehemaligen amerikanische Stützpunkt sowie teils originale, teils rekonstruierte Grenzsicherungsanlagen samt Grenzturm auf ostdeutscher Seite. Point Alpha ist ein Anziehungspunkt. Touristen, Schulklassen, US-Soldaten erfahren hier mehr über die Geschichte der deutschen Teilung.

Ansonsten ist nicht viel los am ehemaligen Todesstreifen entlang der innerdeutschen Grenze. Man läuft und läuft und „ist nach drei Tagen auf dem Todesstreifen, so deprimiert wie mancher Bürger dreißig Jahre nach dem Mauerfall“, schreibt der Journalist Henning Sußebach nach einem Selbstversuch in der Zeit. Sußebach fühlte sich einsam. „Man läuft vier Stunden, sechs Stunden und begegnet unterwegs niemandem, wirklich keinem Menschen.“ Ja, der ehemalige Todesstreifen, „das Paradies für Flora und Fauna, die Perlenkette wertvoller Lebensräume, ein Ort des Erinnerns“ – ein Ort der Begegnung ist er nicht.

Besuchern des Grünen Bandes in Thüringen sei deshalb geraten, den Plattenweg ab und an zu verlassen. Ein Abstecher nach Demberg, etwa in die Rhöner Botschaft des Sternekochs Björn Leist, lohnt sich auf jeden Fall. Oder auf die Höhenzüge des Werratals, wo im denkmalgeschützten Sickenberger Hof Gäste mit Eichsfelder Spezialitäten bewirtet werden.

Henning Susebach in der „Zeit“

„Man ist nach drei Tagen auf dem Todesstreifen, so deprimiert wie mancher Bürger dreißig Jahre nach dem Mauerfall“

Und statt immer entlang der Platte zu radeln, bietet sich der Werratal-Radweg, beginnend an den Werraquellen im Thüringer Wald, als abwechslungsreiche Tour durch weite Fluss­auen und schmale Durchbruchstäler.

Der Einblick in das Grenzgebiet bleibt trotzdem. Doch so fühlt man sich nicht mehr ganz allein mit Wanstschrecke und Schneckenfalter.

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Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.

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