Kreativer Aktivismus: „Bundesministerium für was …?“

Klima-Aktivisten haben in der Stadt offiziell wirkende Plakate mit kritischen Botschaften aufgehängt. Die Idee zündet – mit gewissen Einschränkungen.

Zu sehen ist eine Bushaltestellen, deren Reklamewand ein Plakat von Andrea Nahles beherbergt. Unter ihrem Gesicht steht ihr Satz "Kapitalismuskritik gehört zur DNA der SPD".

Zumindest die Macher der Plakat-Kampagne scheinen Andreas Nahles zu vrmissen Foto: Ende Gelände

Ach, interessant, was für Einsichten die Kanzlerin neuerdings zum Besten gibt. „Ziviler Ungehorsam ist das Recht und die Pflicht aller Bürgerinnen und Bürger“, steht auf einem hoch seriös anmutenden Plakat an einer Reklametafel im U-Bahnhof Kochstraße, auf einem Bild der Kanzlerin inklusive eindringlicher „Wir schaffen das“-Mimik.

Das Zitat dürfte der bekennende Fridays-for-Future-Fan Merkel gar nicht als übermäßige Verleumdung empfinden. Bemerkenswerter ist da schon der Absender der gedruckten Botschaft. „Ministerium für Systemwandel und Kohleausstieg“ heißt dieser, ausgewiesen per Logo im offiziellen Behörden-Schick auf dem Plakat.

Dem ein oder anderen Passanten dürfte spätestens bei diesen Zeilen das Monokel aus dem Auge rutschen. Das Kabinett Merkel IV ist wohl experimentierfreudiger als gedacht.

Tatsächlich sind die an mehreren Orten der Stadt zu bestaunenden Plakate nach dem Schema „gemäßigte Politiker + radikales Zitat“ Teil einer Guerilla-Marketing-Kampagne des aktivistischen Klimaschutz-Bündnisses Ende Gelände.

Parodie von „Wir sind Rechtsstaat“

Design und Machart imitieren die seit September laufende Imagekampagne des Justizministeriums „Wir sind Rechtsstaat“. Auf der täuschend echt aussehenden Website der Gegenkampagne heißt es zur Begründung des geforderten Systemwandels: „In einem Wirtschaftssystem, das auf endlosem Wachstum und Ausbeutung basiert, ist weder eine ernstzunehmende Bekämpfung der Klimakrise noch globale soziale Gerechtigkeit möglich.“

Man wolle Politiker mit den Plakaten an ihre Versprechen erinnern. Beim Brainstorming konnte sich die PR-Abteilung der Revolution wohl nicht so recht entscheiden zwischen radikaler Kritik und nett gemeinten Verbesserungsvorschlägen.

Auf einem zweiten Plakat am Görli schreit Bundestagspräsident Schäuble erregt in ein Mikro: „So sehr wir den Hunger bekämpfen müssen, so sollten wir das Wirtschaftswachstum begrenzen.“ Diesmal ist das Zitat echt. Ende Gelände klatscht dem ehemaligen Mr. Troika dafür Beifall. Der äußerte den wachstumskritischen Gedanken 2011 in einer christlichen Zeitschrift, zusammen mit biblischen Ideologien der Kategorie: Die wirkliche Kontrolle über die Gesellschaft habe eben doch nur Gott.

Was der alte Che wohl dazu gesagt hätte?

Am letzten November-Wochenende hat das Anti-Kohle-Bündnis Ende Gelände zu Protest- und Blockadeaktionen im Kohlerevier in der Lausitz aufgerufen. In den letzten Jahren nahmen jeweils ca. 5.000 Menschen an den Protesten im Tagebau teil.

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Stadtpolitik und -entwicklung, öko-soziale und naturwissenschaftliche Themen, Lateinamerika.

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