Nachbarschaftsini kämpft gegen Büros auf St. Pauli

Die Initiative „St. Pauli Code jetzt!“ möchte das in St. Pauli geplante Bauprojekt „Paulihaus“ stoppen und lud zur Diskussion ein. Der Ton gegenüber den Podiumsgästen war rau

„Wir halten das für eine unpassende Herangehensweise, um in den Dialog zu gehen“

Regine Jorzick, Hamburg Team

Von Yasemin Fusco

Ein geplanter Büroneubau an der Ecke Neuer Kamp/Budapester Straße sorgt für Unmut auf St. Pauli. Für Donnerstagabend hatte die Nachbarschaftsinitiative „St. Pauli Code jetzt!“ zu einer Podiumsdiskussion über die Pläne in den Ballsaal des Millerntor-Stadions eingeladen. Die Initiative hält ein Bürogebäude an dieser Stelle für überflüssig und schädlich für die Nachbarschaft. Sie kündigte ein Bürgerbegehren an.

Mehr als 8.000 Unterschriften haben die 250 aktiven Anwohner*innen bereits gegen das Bürogebäude gesammelt, das in Zukunft das Bild des Neuen Pferdemarktes prägen könnte. Gegen den Neubau macht schon seit Längerem das Restaurant „Maharaja“ Front, das einen Teil des heutigen Flachbaus gemietet hat.

Damit das 3.600 Quadratmeter große und rund 114 Meter lange Gebäude mit sechs Stockwerken und 64 geplanten Arbeitsplätzen gebaut werden kann, ist eine Baugenehmigung des Bezirksamts Mitte erforderlich. „Es gibt keinen Anspruch auf eine Baugenehmigung, solange wichtige Punkte wie Grünerhalt, Lärmbelastung, Stellplätze und Denkmalschutz nicht geklärt sind“, sagt Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken-Bürgerschaftsfraktion.

Mario Bloem, Stadtplaner und politisch aktiver Anwohner, erklärte einen Büroneubau an dieser Stelle für überflüssig. In einem Vortrag präsentierte er eine Reihe von leer stehenden Büroimmobilien im gesamten Stadtgebiet.

Anwohner kritisierten, dass für den Neubau 21 Bäume umgehauen werden müssten. In einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken in der Bürgerschaft, die der taz vorliegt, teilt der Senat mit, dass eine Ersatzpflanzungsverpflichtung Teil des Baugenehmigungsverfahrens sei.

Den Anwohnern reicht das nicht. „Wir wollen nicht nur informiert werden, sondern auch mitentscheiden“, rufen gleich mehrere Anwohner*innen in Richtung des Podiums. Gerade in puncto Transparenz habe das gesamte Verfahren um das Gebäude sowie die Kommunikation nach außen nicht funktioniert. „Wir fordern eine echte Beteiligung der Anwohner*innen und lehnen ohne diese jede weitere Planung ab“, sagt die Initiative.

Das Baukonsortium, das aus dem Stadtentwicklungsunternehmen Steg, der Argus Stadt-und-Verkehr-Partnerschaft, der Agentur Pahnke Markenmacherei sowie dem Immobilienunternehmen Hamburg Team besteht, hatte keinen Vertreter zur Versammlung entsandt. Auf Anfrage teilte es mit, dass es trotz freundlicher Einladung nicht zur Veranstaltung habe kommen wollen, da es sich an der Visualisierung des Projekts durch die Initiative störe.

„Für die Veranstaltung wurde mit Slogans wie ‚Netter Nachbar oder Kieztrojaner?‘ geworben“, erläuterte Regine Jorzick von Hamburg Team. Über der Visualisierung des Neubaus prange ein Totenkopf. „Wir halten das für eine unpassende Herangehensweise, um mit jemandem in den Dialog zu gehen“, sagte sie der taz. In einer Mitteilung an die Initiative nannte das Konsortium die Veranstaltung „einseitig geprägt“ und nicht „legitim“.

Den SPD-Bezirkspolitiker Oliver Sträter störte der raue Ton bei der Versammlung im Ballsaal wenig. „Schwierig wird es allerdings, wenn Vorwürfe mitschwingen, die die gesetzlich vorgeschriebene Vertraulichkeit in Bauvorhaben, also den Datenschutz, in die Nähe von Korruption rücken“, sagte Sträter.

Die Nachbarschaftsinitiative kündigte an, sie werde weiter Druck machen. Sie will die Öffentlichkeit mobilisieren, das erwähnte Bürgerbegehren starten und eine Petition gegen das „Paulihaus“ einreichen. In einer auf der Versammlung beschlossenen Resolution verlangt sie den sofortigen Stopp der Planungen zum „Paulihaus“, einen eigenen Bebauungsplan für St. Pauli Nord und einen ergebnisoffenen Dialog mit der Politik und dem Baukonsortium unter „echter Beteiligung der Öffentlichkeit“.