wahlwerbewahnsinn
: Grüne im Rausch der Pastell-Farbtöne

Als potenzielle Wählerin links von der Mitte durchlief mich in dieser Woche ein Wechselbad der Gefühle. Die plötzliche Aussicht auf eine Jamaika-Koalition – weil angeblich die SPD nie mit den Grünen als Junior koalieren würde – schreckt mich davon ab, grün zu wählen. Im Trio mit FDP und CDU sähe ich da wenig Chancen für soziale Politik. Und den Gelben habe ich die Einführung des Turbo-Abi­turs von 2002 noch nicht verziehen.

Dann brachte das Abendblatt vier alte Bürgermeister-Männer auf den Titel und ließ Klaus von Dohnanyi vor einer grünen Frau auf dem Posten warnen. Das hat mein Herz wieder erwärmt. Puh, die Feindbilder stimmen. Und auf Facebook las ich, dass die SPD doch unter einer Grünen mitregieren würde. Geht doch.

Dann sah ich eine erste WahIwerbung und dachte: hoppla. Eine junge Frau mit gestylten Locken, Perlenohrring und Designer-Brille schreitet, in pastellige Farben gekleidet, in einem ebenso pastellig eingerichteten Laden elf Sekunden auf die Kamera zu, lächelt und schlägt die Augen nieder. „Grün kommt von Gründerin“ wird eingeblendet. Und: „Wir helfen Hamburgerinnen beim Gründen“.

Ein Verweis aufs Wahlprogramm. Frauen seien beim Firmengründen erfolgreicher als Männer, bekämen aber „im Schnitt weniger Geld“. Deshalb machten sich die Grünen für ein flexibles, zinsloses Darlehen stark, das erst zurückgezahlt werden müsse, „wenn das Unternehmen Fuß gefasst hat“.

Aber ist Gründen so zu empfehlen? Verleihen die Banken ihr Geld nicht sowieso gerade billig? Wären nicht sichere Jobs besser? Ist dies die „Ich-AG light“ für die junge Frau mit gewissem Background, die eh schon mit Perlenclip vom Friseur kommt?

Überhaupt: Wen sprechen die Grünen mit ihrer Werbung an? Sind sie komplett abendblattisiert? Reden sie noch mit jedem? In der Sozialpolitik hatten sie sich nicht gerade profiliert. Hamburg ist mit nur knapp 700 Jobs für 20.000 Langzeitarbeitslose Schlusslicht beim Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“. Immerhin steht im Wahlprogramm, sie wollen in der nächsten Legislatur 2.000 Jobs für diese Menschen schaffen. Mal sehen, ob es dazu ein schickes Video gibt. Kaija Kutter