Europäische Bankenunion rückt näher: Scholz gibt Blockade auf

Der deutsche Finanzminister kann sie sich nun plötzlich doch vorstellen: eine gemeinsame europäische Einlagensicherung.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz drückt bei einer Bankenunion der Europäischen Union (EU) aufs Tempo und signalisiert Kompromissbereitschaft bei der umstrittenen Einlagensicherung.

Scholz gibt sich in Brüssel beim Thema Einlagensicherung plötzlich kompromissbereit Foto: Reuters

BRÜSSEL taz | Unter Wolfgang Schäuble (CDU) als Finanzminister scheute die Bundesregierung eine gemeinsame Einlagensicherung für europäische Sparer noch. Nachdem Deutschland eine jahrelange Blockade gelockert hatte, wollen die EU-Minister nun erneut ein großes Bankenpaket auf den Weg bringen, das auch die umstrittene Einlagensicherung enthält. Und Deutschland ist dieses Mal mit dabei. Neun EU-Staaten haben sich zudem für eine neue Flugsteuer ausgesprochen. Die geplante virtuelle Facebook-Währung „Libra“ wurde klar abgelehnt.

„Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt muss die Zeit des Handelns kommen“, erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Brüssel. Der SPD-Politiker hatte zuvor seinen Widerstand gegen eine europäische Einlagensicherung – also den EU-weiten Schutz vor dem Verlust von Sparguthaben bei Bankpleiten – aufgegeben, und damit den Weg für eine Vollendung der Bankenunion frei gemacht.

Die Bankenunion war schon 2012 beschlossen worden, um die Eurokrise einzudämmen und die Bankenkrise zu entschärfen. Deutschland hatte jedoch die Einlagensicherung für tabu erklärt und eine Bereinigung der Bankbilanzen und den Abbau fauler Kredite gefordert. Scholz will nun offenbar beide Baustellen gleichzeitig vorantreiben: die Sanierung der Banken und den Aufbau einer Einlagensicherung.

„Scholz hat ein Tabu gebrochen, wir begrüßen das“, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire. Auch die EU-Kommission und die Eurogruppe unterstützen den Vorstoß. Allerdings ist er in der Bundesregierung nicht abgesprochen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die jahrelang auf der Bremse stand, könnte Scholz noch zurückpfeifen. Sie steht unter Druck der deutschen Banklobby und der CSU.

Widerstand in Deutschland

Hand in Hand mit der Boulevardpresse wurde die Einlagensicherung in Deutschland immer wieder als Angriff auf deutsche Bankguthaben gebrandmarkt. Der kleine deutsche Sparer solle für die faulen Kredite italienischer Banken haften, hieß es. Scholz hat deshalb zwei Sicherungen eingebaut. So will er nur noch eine Rückversicherung mit nationaler Kontrolle schaffen, keinen neuen EU-Fonds.

Außerdem sollen die EU-Länder verpflichtet werden, die faulen Kredite ihrer Finanzinstitute weiter abzubauen und den hohen Anteil von Staatsanleihen im Eigenkapital der Banken zu verringern. Doch dagegen sträubt sich der italienische Finanzminister Roberto Gualtieri. Bei den Vorgaben zu Staatsanleihen und ihrer Risikobewertung lägen die Positionen noch weit auseinander, sagte er.

Einlagensicherung kommt nur im Schneckentempo

Die Bankenunion dürfte erst in vielen Jahren fertig werden. Die Einlagensicherung kommt – wenn überhaupt – nur im Schneckentempo voran. Dasselbe gilt für den Klimaschutz im Flugverkehr. Bisher werden Flüge in der EU sehr unterschiedlich besteuert. Deutschland, Frankreich und weitere sieben EU-Staaten wollen das nun ändern. Sie haben die EU-Kommission aufgefordert, einen Entwurf für eine EU-weite Klimasteuer für den Flugverkehr vorzulegen.

Weitgehende Einigkeit besteht dagegen beim Thema „Libra“. Die EU-Finanzminister lehnen die geplante virtuelle Währung des US-Konzerns Facebook einhellig ab. Es könne nicht angehen, dass private Konzerne sich in die Geldpolitik einmischen, sagte Le Maire. Das sei eine souveräne staatliche Aufgabe. Langfristig müsse die EU aber über eine eigene Kryptowährung nachdenken, fügte er hinzu.

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