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Gefallen und überraschen

Das richtige Geschenk? Wie wär’s mit einem originellen Geschenkgutschein, zum Beispiel für Kulturevents, Restaurantbesuche, einen Kurzurlaub oder als Überraschungs-Coupon?

Hamam Berlin: www.hamamberlin.de (Gutschein ab ca. 19 €, Tagesbesuch ab 34 €)

Helmut Surprise: www.askhelmut.com (ein geplanter Abend zum Festpreis von 25 Euro)

Kurzurlaub: www.kurzurlaub.de (Rügen, Helgoland, „Bike on Snow-Tour“, 2–3 Übernachtungen mit Halb- oder Vollpension, von 59 bis 260 €)

Luups Gutscheinbuch: www.luups.net (Luups Berlin 2020, 23,90 €)

Staatliche Museen zu Berlin: www.smb.museum/besuch-planen/jahreskarte.html (ab 25 € für die Jahreskarte Basic)

Taste Twelve Gutscheinbuch: www.tastetwelve.de (Berlin-Buch 2020, 38 €)

Vabali Spa: www.cart.vabali.de (Gutschein ab ca. 10 Euro, Tages­besuch ab 42,50 €)

Yorck Kinogruppe: www.yorck.de (Jahresabo 18,90 € im Monat/ Jahreskarte 229 €)

Von Jana Janika Bach

Wer sich zu wenig Mühe beim Schenken gibt, kann aus Soziologensicht einpacken respektive seine Beziehung gleich beenden. Egal, ob es sich um den Liebsten, die Geliebte, Eltern, Freunde oder den Kollegen handelt, Die Gabenverteilung ist ein heikles Unterfangen und lässt tief blicken.

Schon wieder eine Packung Pralinen oder Socken und ein guter Tropfen für den trockenen Onkel? Das Psychogramm eines Schenkenden kann üble Mängel im Zwischenmenschlichen offenbaren. Dabei soll ein Präsent im Idealfall nicht nur gefallen, sondern auch überraschen. So wünscht es sich die Mehrheit der Deutschen – und doch verschenkten die 2018 nichts lieber als einen Gutschein. Stand dieser früher in Verruf, die trivialste Gabe unter allen zu sein, stellt er heute quasi die Erfüllung der Quadratur des Kreises dar. Nämlich, ein Maximalmaß an Wahlfreiheit bei Minimalaufwand zu verschenken.

Für die Industrie hingegen steckt in der Geschenkkarte größtmögliches Umsatzpotenzial: Satte 3 Milliarden Euro wurden mit ihrem Verkauf im vergangenen Jahr eingenommen, davon mehr als die Hälfte im Weihnachtsgeschäft, wie aus dem Konsumbarometer des Handelsverbands Deutschland hervorgeht. Damit erwarb in den Monaten November und Dezember 2018 mehr als jeder zweite Bundesbürger einen Gutschein als Geschenk.

Auf den Plätzen dahinter rangierten Klassiker, Kosmetika, Schmuck, Spielwaren und Bekleidung. An Ende der Beliebtheitsskala stehen medizinische Produkte – diese unter dem Baum zu finden dürfte bei den meisten verhaltene Freude auslösen. Oder möchten Sie zum Beispiel einen Zahnarzt-Gutschein?

Über die Webseite des Unternehmens Groupon lässt sich etwa ein „strahlend weißes Lächeln“ in Form eines Bleaching tatsächlich bestellen, ebenso wie Fettabsaugung, im Gutschein ab 1.700 Euro. Damit dürfte dieser Voucher aber das Weihnachtsbudget der meisten Deutschen übersteigen, obwohl das 2018 im Schnitt bei immerhin 472 Euro lag.

Wie viel in Weihnachtsgeschenke investiert wird, hängt allerdings stark vom Einkommen ab. Unter den Besserverdienern sind höhere Ausgaben fürs frohe Fest keine Seltenheit, jeder Zweite indes gibt nicht mehr als 300 Euro aus. Jüngere neigen dazu, den Geschenkekauf kurzfristig zu erledigen – insgesamt setzt die Mehrheit dabei auf Empfehlungen aus dem Freundeskreis.

Das Richtige zu finden, zumal nicht für sich selbst, scheint in einer Welt, die dem Megatrend der Individualisierung unterliegt, immer unmöglicher. Ein Gutschein federt Unsicherheit ab und kommt ohne Konfek­tionsangabe oder Farb- oder Stilpräferenz aus.

Am liebsten wird verschenkt, was eigentlich mit Geld nicht zu haben ist: unvergessliche Momente. Hier reicht die Spanne weit, vom Abonnement fürs Lieblingskino (etwa bei der Yorck-Kino-Gruppe) über die städtische Museumslandschaft (wie den Staatlichen Museen Berlin) bis hin zu Wellness-Klassikern (wie der Vabali Spa Oase oder dem Hama-Bad in der Schokofabrik).

Eine einzigartige Zeit zu bescheren, egal ob ein Date oder Geburtstag mit Freunden ansteht, damit lockt auch „Helmut Surprise“ der – der Überraschungsgutschein der Event-Guide-Webseite Ask Helmut. Zu viele wären in ihrer „Bubble gefangen“, findet Ask-Helmut-Geschäftsführer Conny Lohmann. Dabei sei es so schön, neue Orte, Künstler oder Bands zu ent­decken. Der Weg dorthin ist einfach, erstanden wird ein Wundertüten-Coupon, den Überraschungsevent-Abend plant ein „Kultur-Expertenteam“. Ob es zu Silent Green, in die Apostel-Paulus-Kirche, das Funkhaus Nalepastraße oder ganz woanders hin geht, wird erst kurz vor Antritt verraten.

Nichts planen müssen, sogar die eigene Stadt neu erleben, nach diesem Prinzip funktionieren auch die Gastronomie-Gutschein-Bücher, wie zum Beispiel die von „Taste Twelve“. Um aus der Fusionsküche zu kosten oder Regionales, mit dem Restaurant­führer in Händen werde der heimatliche Kiez garantiert öfter verlassen, so das Versprechen. Weiteres Spezial: Zu einer von zwei Hauptspeisen wird in den teilnehmenden Lokalen eingeladen. Ähnliches tischt die „Luups“-Reihe auf, die weniger auf Sterne-, aber ebenso auf Spitzenköche setzt und in die Szene-Gastro führt, in „kleine hippe Läden“.

Endlich mal wieder Luftveränderung versprechen dagegen „Kurzurlaub“-Gutscheine. Schon mit kleiner Reisekasse kann sich auf Städtetrip, ins Wellness-Wochenende oder auf Romantik-Tour, zu den Kreidefelsen auf Rügen, den Kegelrobben auf Helgoland oder eine„Bike-on-Snow-Tour“ in Tirol begeben werden. Verblüffend, was alles machbar ist im Gutschein-Universum. Nur gilt auch hier: Wer die Vorlieben des zu Beschenkenden kennt, hat die besseren Karten. Wem selbst die leiseste Ahnung fehlt, dem bleibt, sich an Kurt Tucholsky zu halten, sprich sich an die „lieben Basen, Onkels, Tanten“ zu wenden: „Schenkt ihr ihm was. Ich find es kaum … Doch schenkt ihm keine Reaktion! Die hat er schon!“