brief des tages
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Es nennt sich Sozialstaat

„Psychologisch klüger“, taz vom 6. 11. 19

Die harten Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger sollen die Inanspruchnahme dieser Existenzhilfen so unattraktiv wie möglich machen und sich dennoch Sozialstaat nennen können. Zudem ließ sich die Arbeitslosenstatistik durch erzwungene, teilweise regelrecht nutzlose Beschäftigungen freundlicher gestalten. Hartz IV war auch eine Strategie gegen sich abzeichnende Massenarbeitslosigkeit unter anderem durch die Digitalisierung. Und nicht zuletzt war die Agenda 2010 auch ein Disziplinierungsprogramm gegen angenommene soziale Verwahrlosung wegen ebendieser Arbeitslosigkeit.

Dabei hat der Nichtarbeitende längst keine Argumente für seine Existenzberechtigung als Nichtarbeiter mehr. Denn war es früher der Preis eines „in Kauf“ genommenen bescheidenen Lebens, den der Nichtarbeitende zahlte, so wird diese Bescheidenheit inzwischen auch einer Vielzahl von sogar Vollzeit arbeitenden Menschen zugemutet. Dass diese nicht leicht einsehen, warum andere dasselbe Geld wie sie ohne Plackerei erhalten, ist nachvollziehbar. Es geht aber doch darum, dass regelmäßige und zeitintensive Arbeit höhere Belohnung verdient als vom Sozialstaat finanzierte Nichtarbeit. Wolfram Hasch, Berlin