Türkische Offensive in Nordsyrien: Zahlreiche HDP-Politiker verhaftet

Die oppositionelle HDP verurteilt als einzige Fraktion im Land das Vorgehen der Türkei in Nordsyrien. Doch die Regierung lässt keine Kritik zu.

Eine Menge protestiert und zeigt Peace-Zeichen.

Der Co-Vorsitzende der HDP, Sezai Temelli, protestiert gegen die Festnahme von HDP-Politikern in Diyarbakır Foto: reuters

ISTANBUL taz | Wenige Tage nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien blockierten ganze Trauben von Polizisten die Türen von Büros der oppositionellen Partei HDP. Drinnen versuchten Abgeordnete und ihre Mitarbeiter verzweifelt, herauszukommen. Dadurch wurde in mehreren Städten im Südosten der Türkei verhindert, dass Abgeordnete vor der Presse kritische Erklärungen zur Militäroperation in Nordsyrien abgeben konnten. Bis heute werden etliche HDP-Büros von der Polizei abgesperrt.

Die dahinterstehende Absicht ist klar: Jeder, der gegen den Militäreinsatz protestieren will, wird mundtot gemacht.

So wurden seit Beginn des Einsatzes Hunderte Leute wegen kritischer Postings in den sozialen Medien festgenommen. Dabei konzentriert sich die Repression vor allem auf Mitglieder der kurdisch-linken HDP, denen die türkische Regierung unterstellt, mit der kurdischen PKK zu sympathisieren, die sie als Terrororganisation einstuft und die das Militär in Syrien bekämpft.

Von den türkischen Mainstream-Medien wird diese Repression kaum wahrgenommen. Selbst als die HDP-Fraktion am Dienstag aus Protest gegen die Verhaftung mehrerer Bürgermeister das Parlament verließ, wurde das kaum zur Kenntnis genommen. Alle anderen Fraktionen in der Türkei, auch die Opposition, unterstützen den Kampf „unserer Soldaten“.

Mit Razzien und Festnahmen

Bereits Mitte Oktober gab es Razzien in den von der HDP regierten Rathäusern von Hakkâri, Yüksekova, Erciş und Nusaybin, alles Orte im irakischen und syrischen Grenzgebiet, die traditionell von der HDP dominiert werden. Einen Tag später wurden fünf Bürgermeister und Vize-Bürgermeister aus diesen Städten verhaftet. Der Vorwurf ist immer derselbe: Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

Vergangene Woche setzte das Innenministerium Zwangsverwalter in Hakkâri, Yüksekova und Nusaybin ein. Während Hakkâri und Yüksekova direkt an der irakischen Grenze liegen, ist Nusaybin die nördliche Fortsetzung der kurdischen Millionenstadt Kamischli auf der syrischen Seite der Grenze. Hier leben viele Familien, die Verwandte auf der syrischen Seite haben.

Anfang der Woche wurde auch der Oberbürgermeister der größten kurdischen Stadt Diyarbakır, Selçuk Mızraklı, verhaftet. Bereits am 19. August wurde er unter dem Vorwand, er hätte die PKK finanziell unterstützt, aus dem Amt geworfen. Mit ihm landeten auch zwei Bezirksbürgermeister von Diyarbakır in Untersuchungshaft.

Die Repressionen wirken: Während in Europa die Kurden auf die Straße gehen, bleibt es in der Türkei weitgehend still. Während es nach den Wahlniederlagen des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bei den Kommunalwahlen eine regelrechte Euphorie gab, ist der Frust bei HDP-Mitgliedern jetzt umso größer. „Wir können im Moment nichts machen“, sagte ein HDP-Mitglied aus Izmir am Telefon. „Wir bleiben zu Hause“.

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