der kommentar
: Keine Frage des Intimbereichs

Ein Mann erstritt sich Schmerzensgeld, weil eine Zeitung ein Bild von ihm auf einem CSD gedruckt hat. Unfassbar!

Der Mann wusste offenbar nicht, was er tut: In München wohnend, fuhr er nach Würzburg, um dort bei einer CSD-Parade mitzulaufen. Eine solche ist ein demonstrativer Umzug von Lesben und Schwulen, die zeigen wollen, dass sie sich als Homosexuelle nicht (mehr) verstecken wollen. Ein Fotograf machte dort Bilder – und verkaufte sie an eine Münchner Zeitung, die sie nun für die Serie „So leben Schwule in München“ nutzte.

Der Mann, der sich auf den Fotos erkannte, klagte: Nur in Würzburg habe er sich öffentlich zeigen wollen, nicht in seiner Heimatstadt. Und das Unbegreifliche geschah: Laut Urteil habe die Zeitung ein Zwangsouting betrieben, vor allem gegenüber den Eltern. Homosexualität zähle „auch im Zeitalter einer immer weiter fortschreitenden Liberalisierung der Gesellschaft in diesen Fragen zum Intimbereich“. Kläger und Gericht erkennen also in einem CSD kaum mehr als einen Darkroom, der nicht zur bürgerlichen Öffentlichkeit zählt. Absurd!

Wer auf einen CSD geht, sollte damit rechnen, erkannt zu werden: weil die Parade in sich eben diesen Anspruch trägt – keine Furcht vor Öffentlichkeit zu haben, nirgendwo. JAF