Ein Zeichen gegen Hetze

Die Hamburger Bürgerschaft will jüdische Menschen besser vor rechtsextremen Tätern schützen. Bundesweit steigt die Zahl der Angriffe

Wurde 2014 von der Polizei beschützt: jüdische Schule in Hamburg Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Von Marco Carini

Mehr tun gegen den zunehmenden Antisemitismus. Nur wie? Darüber gehen die Meinungen bei den Parteien in Hamburg weit auseinander. In der Bürgerschaft soll anhand von gleich vier Anträgen am heutigen Mittwoch debattiert werden, was die Stadt gegen antisemitische und rechtsextreme Entwicklungen unternehmen kann.

Rechtzeitig zur Debatte legte der Senat ein neues „Landesprogramm zur Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus“ vor – eine Reaktion auf antisemitische Haltungen und Gewalttaten. Als neue Herausforderung beschreiben SPD und Grüne, dass in den Sozialen Netzwerken immer häufiger gegen Amts- und MandatsträgerInnen gehetzt werde. Zunehmend gerieten engagierte Privatpersonen aber auch jüdische Einrichtungen ins Visier rechtsextremer Gruppen.

Seit dem Anschlag von Halle, bei dem ein rechtsextremer Täter gezielt einen Massenmord an SynagogenbesucherInnen begehen wollte und zwei Menschen tötete, ist die Aufmerksamkeit für die antisemitische Bedrohung gewachsen. Dabei gehören Beleidigungen, Anfeindungen und gezielte Angriffe auf jüdische Einrichtungen längst zum Alltag. Seit 2015 nimmt die Zahl der Fälle antisemitischer Kriminalität kontinuierlich zu. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums stiegen die antisemitischen Hass-Attacken von 1.246 Fällen im Jahr 2015 auf 1.603 in 2018. Die Polizeistatistik zeigt auch: Bei den meisten dieser Angriffe gab es einen rechtsextremen Hintergrund.

Hamburgs Regierungsparteien, SPD und Grüne, bringen auf der heutigen Bürgerschaftssitzung einen Antrag ein, in dem sie „einen Runden Tisch gegen Antisemitismus“ und einen „Beauftragten für jüdisches Leben und Prävention von Antisemitismus“ fordern. „Wir wollen das niemandem überstülpen, sondern im engen Dialog mit den jüdischen Einrichtungen entwickeln“, sagt der integrations­politische Sprecher der SPD, Kazim Abaci.

SPD und Grüne wünschen sich dabei zusammen mit CDU, Linken und FDP einen gemeinsamen Antrag, den großen „Konsens der Demokraten“. Den wünscht sich auch André Trepoll, Fraktionschef der CDU. Er verweist jedoch darauf, dass die von Rot-Grün geplante Einsetzung eines „Antisemitismusbeauftragten“ zuerst von seiner Partei gefordert wurde. Über die Maßnahmen der Koalition hinaus fordert die CDU, das Sicherheitskonzept für alle jüdischen Einrichtungen zu überprüfen“ und „den Besuch einer Erinnerungsstätte an die Nazidiktatur während der Schulzeit für jeden Hamburger Schüler zur Pflicht zu machen“.

Die FDP will zudem die Sicherheit der jüdischen Gemeinden im Dialog mit ihnen verbessern, mehr Begegnungen zwischen SchülerInnen aus Hamburg und Israel initiieren und „die Spezialisierung der Staatsanwaltschaft vorantreiben, um antisemitische Straftaten samt ideologischer Hintergründe aufklären zu können“.

Die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider fordert „ein sichtbares Zeichen zu setzen, dass jüdisches Leben in unserer Stadt gewollt und gefördert wird“. Alle Parteien wollen sich auf ein Programm einigen – nur nicht die AfD.