Maut und Meinungsfreiheit: Weidel plagiiert, Giffey hat Zukunft

Eine Woche voller Stolpersteine für Scheuer, Trump und Strache. An der SPD-Spitze bereitet man sich derweil aufs nächste Debakel vor.

Franziska Giffey und Angela Merkel im Gespräch

Dr. Giffey (l.) will vielleicht mal Kanzlerin (r.) werden Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Vor einer Woche habe ich hier die Abwesenheit von Frau Merkel kritisiert.

Und was wird besser in dieser?

Friedrich Merz liest jetzt immer aus der taz vor.

Die Zeit warnte in der vergangenen Woche, dass 63 % der Deutschen glaubten, man müsse heutzutage sehr aufpassen, wenn man seine Meinung in der Öffentlichkeit äußert. Nachdenken, bevor man spricht – wir können da beim besten Willen keinen Fehler entdecken, Sie?

„Die Zahlen wollen einem nicht aus dem Kopf“, hebt der Zeit-Besinnungsaufsatz an. Kunststück, sie standen vor einem halben Jahr im selben Blatt. Falls die Zeit die Zeit gelesen hat, findet sie in ihrer Mai-Ausgabe einen waidgerechten Aufbruch der Allensbach-Studie: Sie „bedient rechte Ressentiments“, sage „viel über die Macherinnen und Macher der Studie“, die „unreflektiert nachgebetete Propagandaformeln des rechten Kulturkampfes“ verwende. „Doch alarmierend ist da nichts“, resümierte der Artikel, um nun ordentlich Alarm zu machen.

Kürzlich kam die neueste „Shell-Studie“ hinzu, die unsere Jugend als intolerante Rassebande ausweist. Dort „stimmten 68 % der Jugendlichen der Aussage zu, „in Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden“. Um mit der großen Moralphilosophin Evelyn Hamann zu sprechen: Da regt mich ja schon die Frage auf. Denn streng genommen ist die Erfindung „die Ausländer“, über die man in Summe Gutes oder Schlechtes sagen könne – rassistisch.

Um mit der großen Moral-philosophin Evelyn Hamann zu sprechen: Da regt mich ja schon die Frage auf

Doch statt auch diese Untersuchung als Fieberthermometer im Arsch des Irrsinns zu analysieren, geht’s von Schlink („Engführung der Mitte“) über das „Künast-Urteil“ zum Mord an Walter Lübcke. Fazit: „Allerhand fragwürdige Untersuchungen und auch sonst ganz schön was los beim Meinen übers Meinen.“ Wäre keine sehr reißerische Headline.

Alice Weidel hat vergangene Woche bei einer AfD-Veranstaltung in Weingarten einen Mann aus dem Publikum aus dem Saal werfen lassen, weil er ihr eine „Kopf-ab-Geste“ gezeigt haben soll. Was war da los?

Weidel hat mit Coverversionen aktueller Hits bereits schöne Erfolge erzielt; so stapfte sie beleidigt aus einer ZDF-Runde, eine Woche nachdem Altstar Wolfgang „Wobo“ Bosbach den Abmarsch-Klassiker bei „Maischberger“ in der ARD gegeben hatte. Der viel beachtete Rauswurf nun bringt es bei „google news“ (Suche: „Weidel Kopf ab“) auf 48.000 Fundstellen. Dabei sei noch am nämlichen Abend – so die örtliche Schwäbische Zeitung und der „ARD Faktenfinder“ – einvernehmlich geklärt worden, der Störer mit der Handgeste vorm Hals sei tatsächlich ein Sympathisant mit fuchtelndem Hustenanfall gewesen. Hier hätte es ein schlichtes „Husten, wir haben da ein Problem“ auch getan. Weidel kann für sich in Anspruch nehmen, auf linke Störer nicht angewiesen zu sein.

Die Freie Universität Berlin hat entschieden, dass Familienministerin Franziska Giffey ihren Doktortitel behalten darf. Aus dem laufenden ­Rennen um den SPD-Vorsitz will sie sich dennoch raushalten. Ist das die richtige Entscheidung?

Es ist die Entscheidung für das Dreamteam Giffey/Kühnert, die halt dran sind, wenn das nun zu wählende der SPD die 5-Prozent-Hürde aus der Nähe gezeigt hat.

Regisseur Gabriel Barylli dreht schon seit einiger Zeit einen Film über Heinz-Christian Strache. 30 Drehtage waren bereits im Kasten. Nun hat die FPÖ den Geldhahn zugedreht. Ob der Film nun noch fertig wird, ist fraglich. Fraglich ist auch, ob wir da etwas verpassen?

Gäbe es den Superlativ „am embeddetsten“, wäre Barylli als „persönlicher Vertrauter“ und Opernball-Logengast von HC Strache ein würdiger Träger. „Ich gehe von einem liebevollen Ansatz aus, nicht von einem kritischen, der verstört Menschen“, legt der Regisseur sein Credo dar. 30 Drehtage für „Ein Jahr mit HC Strache“ seien bereits absolviert. Bei Dokus branchenüblich für einen 90minüter, auch bei kärglicher Kalkulation kostet das mit Schnitt und Vertonung um die 300.000 Euro. Die Autobiografie „Leni Riefenstahl – Memoiren“ kostet bei Amazon derzeit 1,88 Euro.

In den USA setzen sich derweil die Demokraten durch: Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses haben über ein Regelwerk für die weiteren Ermittlungen zu einem Impeachment abgestimmt. Geht es Donald Trump jetzt an den Kragen?

Könnte man auf das Verfahren verzichten, weil es Trump sein Heimspiel als Eigenmärtyrer verschafft? Nein. Außerdem muss ich immer schmunzeln, wenn sich „impeachment“ intuituiv als „Verpfirsichung“ übersetzt. Go ahead.

Der Spiegel berichtet, das Verkehrsministerium unter CSU-Sonnyboy Andreas Scheuer habe nach Ansicht des Rechnungshofs bei der Pkw-Maut gegen Vergabe- und Haushaltsrecht verstoßen. Das Ministerium weist das zurück. Wer kann die Sache nun aufklären?

Der Untersuchungsausschuss. Schafft Scheuer es, noch vor dem Bruch der Groko rauszufliegen, vulgo: Andi im Überholverbot? Bleiben Sie dran.

Und was machen die Borussen?

Es ist der falsche Zeitpunkt, großzügige Gesten des FC Bayern zu vergelten im nächsten Ligaspiel dort. Auch wenn sie uns gerade sehr, sehr leid tun.

Fragen: hdl

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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