Gegenwind für Offshore-Ausbau

Der Naturschutzbund kritisiert den Ausbau von Windparks im Meer. Die Energiewende sei kein Konjunkturprogramm

Beim Ausbau der Windkraft auf Nord- und Ostsee drohen die Risiken für die Umwelt nach Ansicht des Naturschutzbunds (Nabu) in den Hintergrund zu geraten. „Ich habe das Gefühl, die Windindustrie und Teile der Politik möchten einen Freifahrtschein haben“, sagte der Nabu-Meeresschutzexperte Kim Detloff der Deutschen Presse-Agentur.

Angesichts neuer Ausbauziele sei die Gefahr groß, dass jetzt Schnelligkeit vor Qualität gehe und Windparks deshalb an der falschen Stelle gebaut werden. „Die Energiewende ist kein Konjunkturprogramm für klamme Werften und Küstenländer.“

Die norddeutschen Bundesländer und der Bund hatten Anfang Oktober angekündigt, dass die installierte Leistung der Offshore-Windenergie von derzeit rund 7 Gigawatt bis 2030 auf bis zu 20 Gigawatt steigen soll. Der Nabu hat sich zusammen mit anderen Umweltverbänden hinter dieses Ziel gestellt, allerdings nur im Rahmen der ökologischen Tragfähigkeit.

Vor allem Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies erhöhte das Tempo: Seinen Angaben zufolge könnten 2023 die Ausschreibungen für die zusätzlich anvisierte Leistung beginnen und 2027 der Bau der Anlagen starten. Perspektivisch sei sogar ein Potenzial von 50 Gigawatt in der deutschen Nordsee denkbar, sagte der SPD-Politiker. Schließlich seien erneuerbare Energien auch ein Wirtschaftsmotor.

Detloff fehlt angesichts solcher Ankündigungen das Augenmaß: „Manchmal wünsche ich mir, dass unter anderem Herrn Lies in Niedersachsen mal jemand auf die Füße tritt und sagt: Sie sind Umweltminister und nicht mehr Wirtschaftsminister.“

Wie viele Windkraftanlagen Nord- und Ostsee vertragen können, lasse sich heute noch nicht sagen. Das werde aktuell untersucht, sagte Detloff. Bei Szenarien von 50 Gigawatt oder noch mehr habe man jedoch „Industrieparks, aber keine gesunde Natur mehr vor der Haustür“.

Seitens der Politik wird der Offshore-Ausbau als wichtiger Baustein für den Klimaschutz gesehen. „Wir machen das, damit wir die Energiewende umsetzen können und Klimaschutzziele erreichen“, sagte Lies. (dpa)