IT-Experte zum Aufbau von 5G: „Ein Ausschluss Huaweis ist falsch“

Technologie-Professor Torsten Gerpott warnt: Wenn man auf den Netzwerkausrüster aus China verzichtet, könnte das 5G-Netz teurer und langsamer werden.

Huawei-Logo auf einem Sari in Indien

Dort darf die Firma mitmachen: Huawei-Logo auf einem Sari in Indien Foto: rtr

taz: Herr Gerpott, der Netzwerkausrüster Huawei steht weiter wegen Spionageverdachts in der Kritik. Ebenso gibt es Druck aus den USA, nicht auf die Technologie der Chinesen zu setzen. Warum schließt die Bundesregierung Huawei beim Aufbau der Infra­struktur für den neuen Mobilfunkstandard 5G nicht einfach ausdrücklich aus?

Torsten Gerpott: Um solche Unternehmen auszuschließen, ohne die Beziehungen Deutschlands zu China stark zu belasten, braucht man harte Beweise und nicht bloße Vermutungen. Diese Beweise fehlen aber bislang. In den geänderten aktuellen Sicherheitsregeln der Bundesnetzagentur wird gefordert, dass Lieferanten kritischer Kernkomponenten von Netzen „in geeigneter Weise ihre Vertrauenswürdigkeit zusichern“ müssen. Durch den Rückgriff auf das vage Konzept der „Vertrauenswürdigkeit“ behält die Bundesregierung für die Zukunft immer noch die Möglichkeit, flexibel zu entscheiden, ob sie Huawei doch als 5G-Lieferanten von Deutschland fernhalten möchte.

Sie halten es also für richtig, dass die Bundesregierung dem Druck der USA nicht nachgegeben hat?

Ja. Die Trump-Administration tritt oft sehr erratisch auf. Man sollte deshalb nicht immer durch die Reifen springen, die sie einem gerade hinhält. An Huawei sollten die gleichen Sicherheitsanforderungen gestellt werden wie an andere Zulieferer. Wer diesen technischen Anforderungen entspricht, darf bleiben – unabhängig davon, woher er kommt.

61, ist Wirtschaftswissenschaftler und leitet den Lehrstuhl für Unternehmens- und Technologieplanung an der Mercator School of ­Management der Universität Duisburg-Essen.

Sollten die Europäer bei einer so wichtigen Infrastruktur nicht auf europäische Technologie setzen?

Ein Grundsatz der Bundesnetzagentur in ihren Sicherheitsanforderungen ist, dass man Komponenten unterschiedlicher Ausrüster in Netzen verbauen, also Monokulturen vermeiden sollte. Die Zahl der Lieferanten ist allerdings überschaubar, es gibt keine große Auswahl. Die EU hat vor Kurzem eine Risikobewertung der „Cyber Security“ in 5G-Netzen veröffentlicht. Und sie hat sich dabei ebenfalls nicht ausdrücklich dazu durchgerungen, chinesische Unternehmen von vornherein komplett zu verbannen. Warum sollte Deutschland abweichend von der EU vorpreschen und den Wünschen des sprunghaften ­US-Präsidenten nachkommen? Außerdem ist zu beachten, dass Huawei technisch gut aufgestellt ist und oft zu niedrigeren Preisen als Wettbewerber liefert. Sollte man in Deutschland auf ­Huawei verzichten, könnte der Aufbau neuer 5G-Netze langsamer vonstattengehen und teurer ­werden.

Ist Huawei den europäischen Konkurrenten Ericsson und Nokia überlegen?

Ich würde Huawei aktuell nicht als technisch überlegen einstufen. Technisch spielen die drei Unternehmen in einer ähnlichen Liga. Es geht eher darum, Komponenten mehrerer Ausrüster zu verwenden, um einseitige Abhängigkeiten auszuschließen.

Nun heißt es, dass die an einer Ausschreibung beteiligten 5G-Ausrüster zur Herstellung von Netzkomponenten verpflichtet werden sollen, die Ausspähaktionen unmöglich machen. Kann das funktio­nieren?

Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung solcher Auflagen wird das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) spielen. Es wird Abnahmeprüfungen für kritische Netzkomponenten organisieren. Zu wünschen ist, dass dabei auch der Quellcode transparent gemacht wird. Wenn die technischen Standards erfüllt sind, dann kann man immer noch über eine politische Bewertung der Zusammenarbeit mit Huawei reden. Ich bezweifele allerdings, dass es angemessen ist, politischen Kriterien bei der Wahl von 5G-Ausrüstern mehr Gewicht als in anderen Industrien einzuräumen. Beispielsweise beziehen deutsche Konzerne trotz der schlechten Menschenrechtslage in China wichtige Komponenten wie Batteriezellen für Elektroautos von chinesischen Herstellern wie CATL, ohne das heute von der Bundesregierung verlangt wird, auf entsprechende Lieferungen zu verzichten.

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