wortwechsel
: Hat die Wissenschaft ein Problem?

Über Homöopathie lässt sich schön streiten, wie auch über den Wert der Schulmedizin. Beide sind nicht selten von zweifelhafter Wirksamkeit. Skandale gibt es hier wie dort

Hauptsache, Pille Foto: dpa/picture alliance

Esoterische Note

„Wer sich über Homöopathie aufregt, spielt Spahns Spiel“, taz vom 19./20. 10. 19

Für mich bestätigt der Artikel die Pro­ble­me der Homöopathie und vor allem der zugrundeliegenden Geisteshaltung. Vor Kurzem wurde ich durch eine Diskussion mit Esoterikern hellhörig, deren Argumentationsmuster ich hier wiederfinde. Neben der Spahn’schen Karrierestrategie wird zur Homöopathie die „Faktenlage“ beschrieben, dass „die Wissenschaft … keine Wirksamkeit [homöopathischer Mittel] findet, aber eine Mehrheit der Bevölkerung feststellt, dass sie wirken“.

Wie die Bevölkerung eine Wirkung, meist bei Erkältungskrankheiten (siehe Artikel) feststellen könnte, weiß ich nicht, da ich zu der offensichtlich medizinischen Minderheit gehöre, bei der Erkältungen auch so vorbeigehen. Es wird suggeriert, dass die Wissenschaft hier wohl ein Pro­blem haben muss. Die Mehrheit der Bevölkerung kann doch wohl nicht irren. Was ist also, wenn ein Großteil der Bevölkerung auf ähnliche Weise „feststellt“, dass Ausländer krimineller sind als Biodeutsche, auch wenn mit wissenschaftlichen Methoden erhobene Statistiken das Gegenteil zeigen? Ich weiß, das ist ein krasser Vergleich. Aber wollen wir wirklich die identischen Argumentationsweisen verdammen, wenn sie von den „Bösen“ benutzt werden, und sie preisen, wenn sie von den „Guten“ gebraucht werden?

Später werden andere angebliche „Unwuchten“ bei der Kassenzahlung zum Vergleich herangezogen: Zahlung bei Ex­trem­sport­lerunfällen, Kettenrauchern etc. Hier werden in problematischer Weise verschiedene Sachen in einen Topf geworfen: das grundsätzliche Prinzip, dass Krankheiten, die ihre Ursache mehr oder weniger im Verhalten der Patienten haben, abgedeckt sind, da letzten Endes beliebig viele Krankheiten irgendetwas mit unserem Verhalten zu tun haben können, zum Beispiel meine Erkältung. Bei der Homöopathie geht es aber um die Wirksamkeit eines Mittels, also etwas völlig anderes.

Im Übrigen bin ich sehr dafür, die Kassenleistungen für Homöopathie beizubehalten, nach der Spahn’schen Devise: Bitte nicht so viel Radau um billige harmlose Placebos. Aber: Sollte die Pharmaindus­trie auf den Trichter kommen und ebenfalls einfordern, ihre Produkte auf den Markt zu bringen und durch Kassen bezahlen zu lassen, ohne deren Wirksamkeit durch wissenschaftliche Methoden testen zu lassen – nach dem Motto „gleiches Recht für alle“ – wäre ich doch dafür, dass Herr Spahn und/oder die Kassen ihre Entscheidung auch zur Homöopathie revidieren. Ursula Schauer, Lunestedt

Das Kügelchen-Fass

„Wer sich über Homöopathie aufregt, spielt Spahns Spiel“, taz vom 19./20. 10. 19

Waltraud Schwab bringt diese komische Homöopathiedebatte der Grünen (ich bin selbst aktives Mitglied in unserer Kommune) in die richtige Bahn. Haben wir keine größeren Probleme momentan? Da brennt die irdische Hütte, nicht zuletzt durch „Wissenschaft“ verursacht, und meine Grünen machen ein Kügelchen-Fass auf. Ich glaub es nicht.

Hedwig Röper, Schenefeld

Unwissenschaftlich

„Glaubenskrieg um Globuli“, taz vom 14. 10. 19

Es ertönt immer wieder der Ruf nach Wissenschaftlichkeit. Der Homöopathie muss Zugang zu den Universitäten gewährt werden, wenn eine wissenschaftliche Erklärung gefunden werden soll zur Wirkung der homöopathischen Arzneien. Schließlich ist die Erde auch keine Scheibe mehr, das Radium liegt nicht mehr in der Schreibtischschublade, und wir kommunizieren über Mobiltelefone und nicht mehr über Buschtrommeln, alles auch dank universitärer Forschung. Es ist zutiefst unwissenschaftlich, die Homöopathie a priori von der wissenschaftlichen Forschung auszuschließen. Wir bewegen uns damit im Bereich des Glaubens, und wer glaubt, die Homöopathie sei unwirksam, trägt damit nicht zur Wissenschaftlichkeit bei! Iris Ditmer-Zimmermann, Offenbach-Hundheim

Die „Wissenschaft“

„Wissenschaft als Maßstab“, taz vom 22. 10. 19

Ein sehr guter Beitrag. Mir fehlt allerdings, dass Wissenschaft keine unabänderlichen Tatsachen (Fakten) liefern kann, da Wissenschaft immer in den gesellschaftlichen „Zeitgeist“ eingebunden ist. Die Fakten also immer auch gesellschaftlich gebunden sind. Lässt sich in der Geschichte der Physik sehr schön finden. Auch in der Medizin haben sich bei Kleinkindern im Vergleich eigenes Kind zu Enkelkind wesentliche Dinge geändert. Die „Wissenschaft“ hat sich also relativiert. Detlev Fritsch, Reinbek

„Nihil nocere“

„Krebs-Bluttest: Bericht gestoppt“, taz vom 23. 10. 19

Alle Jahre wieder ein Déjà-vu auf dem medizinischen Forschungsmarkt der Eitelkeiten. Publikationen aus der Pipeline als Emissio praecox einer teils im industriellen Stil mit professioneller Medienbegleitung gehypten „Quasiwissenschaft“. Wir erinnern uns: Stammzellenapplika­tio­nen als neue Methodik zur Regeneration von Herzmuskelgewebe (Publikation 2001, Düsseldorf), 2013 durch Londoner Forscher überprüft und als „überinterpretiert“ bezeichnet, medial später eingeschätzt als „wahrscheinlich gefälscht“.

Grundsätze für die gute wissenschaftliche Praxis wurden von der DFG bereits 1998 publiziert. Dieses nicht zuletzt vor dem Hintergrund des großen Fälschungsskandals 1997/98, in dem der deutsche Krebsforscher Friedhelm Herrmann seine Karriere beenden musste. Er hatte mit den Hoffnungen von Onkologiepatienten gespielt. Zahlreiche universitäre Kommis­sio­nen haben sich seither um Standards bemüht, medizinische Forschung als tragfähiges Fundament wieder glaubhaft in die Familie der Wissenschaft zu integrieren.

Jetzt erneut ein an die Oberfläche gespülter Versuch, im Rennen um ­einen Platz an der Sonne der Krebsmedizin vorn dabei zu sein. Schade, man verbrennt bei solchen Fehlversuchen nicht nur viel Geld und menschliche Ressourcen, gegebenenfalls ist das gesamte Umfeld zunächst verbrannt, wie bei der Stammzelltherapie nach Herzinfarkt. Im übertragenen Sinn ist auch dies ein Verstoß gegen das ärztliche Prinzip „nihil nocere“. Lediglich im langen Schatten von Lichtgestalten als Wissenschaftler im Medizinbetrieb zu überleben, kann mühsam sein. Martin Rees, Dortmund

Nur noch Monokulturen

„Immer mehr Menschen hungern“, taz vom 16. 10. 19

Die Lösung, um gegen den Hunger weltweit anzugehen, liegt vielen Menschen leider nicht mehr zu Füßen. Mit einer Entwicklungspolitik des Wirtschaftswachstums durch Fremdinvestitionen, mit „Land-Grabbing“, haben viele Bauern in Entwicklungsländern das Land verloren, auf dem sie Nahrungsmittel für sich und ihre Familie produziert haben. Großkonzerne bauen auf dem Land Monokulturen an, wie Kaffee, Soja oder Baumwollen, die in Industrieländer exportiert den Wohlstand der Menschen dort und den Umsatz der Konzerne steigert. Und weltweit immer mehr Menschen hungern lässt.

Christiane Hopfer, Freinsheim

Pilzeschneiden

„#Pilzesuchen“, taz vom 19. 10. 19

Ich habe gelernt, Pilze unten am Stiel abzuschneiden, nicht auszureißen – wie auf den Fotos zu sehen! Das Myzel muss im Boden bleiben, unbeschädigt. Chr. Gdaniec, Tönisforst

Heinemanns Rücktritt

„Der Mann, der klüger als seine Partei war “, taz vom 21. 10. 19

Lieber Herr Reinecke, nicht nur zwei Minister der BRD sind zurückgetreten: Der erste war Gustav Heinemann, seinerzeit Mitglied der CDU und Innenminister unter Konrad Adenauer. Wegen dessen – noch dazu lange geheim betriebener – Politik der Wiederbewaffnung trat Heinemann 1950 zurück. Ingrid Pitt, Aachen