Das kommt
: Untypische G20-Klage

Mehr als zwei Jahre ist der G20-Gipfel in Hamburg schon her und beschäftigt immer noch die Gerichte. Auch wenn das nicht unbedingt eine neue Erkenntnis ist, ist das Verfahren, das am Mittwoch vor dem Harburger Amtsgericht stattfinden wird, durchaus besonders. Die Zutaten sind brisant: Polizisten, die Gefangenensammelstelle (Gesa) und Waffen. Demonstrant*innen sind ausnahmsweise nicht beteiligt.

„Es handelt sich um kein klassisches G20-Verfahren“, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach im Januar zur taz. Der Fall gründe eher auf einem Missverständnis.

In der Nacht vom achten auf den neunten Juli sollen sich zwei Polizisten in der Gesa in Neuland getroffen haben. Der eine, aus Minden, war dort eingesetzt. Ein Hamburger Polizist war vor Ort, weil er einen Gefangenen begleitete. Und er hatte Reizspray bei sich. Das wiederum bemerkte der Mindener Beamte und dachte sich wohl: Der darf das nicht! Tatsächlich gab es in der Gesa eine waffenfreie Zone. Der Hamburger Polizist durfte das Spray in seiner Rolle als zuführender Beamter aber tragen.

Es gab eine verbale Auseinandersetzung. Und dann soll der Mindener Polizist seinem Hamburger Kollegen das Spray gewaltsam weggenommen haben. Am Ende war der Hamburger leicht verletzt. Er hatte eine Bänderdehnung in einem Finger.

Der Fall landete beim Dezernat Interne Ermittlungen der Hamburger Polizei, weil ein dritter Polizist, der das ganze beobachtet hatte, Anzeige erstattete. Schließlich erließ das Amtsgericht Harburg im Januar einen Strafbefehl wegen Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung im Amt. Die Strafe: Verwarnung mit Strafvorbehalt. Nur wenn er sich in der nächsten Zeit etwas hätte zu Schulden kommen lassen, hätte der Polizist aus Nordrhein-Westfalen 4.000 Euro zahlen müssen.

Ein Strafbefehl ist ein verkürztes Verfahren, das bei leichten Straftaten angewandt werden kann. Wenn er rechtskräftig wird, ist er genau so viel Wert wie ein Gerichtsurteil. So weit kam es in diesem Fall jedoch nicht. Der Polizist aus Minden legte nämlich Einspruch ein. Deshalb fällt der Strafbefehl jetzt weg und er ist offiziell Angeklagter. „Der Vorwurf wird nun von Neuem geprüft und bewertet“, erklärt Gerichtssprecher Kai Wantzen.

Drei Verhandlungstage sind dafür bis Ende November angesetzt. Mehrere Zeug*innen sollen aussagen. Gleich am ersten Verhandlungstag wird auch der Hamburger Polizist mit der Fingerverletzung aussagen. Marthe Ruddat