Ach, diese Pracht

Dahlien im Britzer Garten, einst schickte Alexander von Humboldt den Samen an den Botanischen Garten, heute gibt es 290 Sorten

Gruß aus dem Britzer Garten Foto: kbm

Von Katrin Bettina Müller

28 Fotos. Nur von Dahlien! Ja spinn ich denn? Okay, zweimal ist auch ein Esel zu sehen.

Ich bin im Britzer Garten, gerade noch geschafft, das „Dahlienfeuer“ geht in den nächsten Tagen zu Ende. Glücklicherweise bin ich nicht die Einzige, die mit dem Foto-Handy zwischen den prächtigen Rabatten herumschleicht. Siebenmal verschicke ich blumige Grüße per WhatsApp, kann ich noch nicht lange. Die Farben in den Abbildungen scheinen mir noch knalliger als unter der hellen Oktobersonne.

Apothekenfotokalender, blu­mige Wiesen. Früher fand ich solchen Wandschmuck eindeutig eine Alterserscheinung, Kitsch der Großmutter eben. Längst bin ich selbst in diese Phase eingetreten. Versuche die ­Tulpen und die Rhododendren im Britzer Garten nicht zu verpassen und dieses Jahr erstmals die Dahlien. Ja, eindeutig sechzig plus.

Überhaupt liebe ich diesen Park inzwischen. Schöne Wiesen ohne Hundescheiße, Gewässer und Brücken, Schilfgürtel und Waldwege, weitläufig. Sehr großer Erholungsfaktor. Als er neu angelegt war, 1985, zur Bundesgartenschau, wohnte ich gerade zwei Jahre in Berlin, Neukölln. Der Park gefiel mir überhaupt nicht, sah alles so künstlich, so neu aus. Bundesgartenschau fiel sowieso unter piefig und zu deutsch.

In den Jahren danach sind die Bäume gewachsen, wie ein Seestern greift der Park mit Armen zwischen Laubenkolonien und Friedhöfen aus, über fünf Kilometer weit ist ein Rundgang auf den breiten Wegen, verschlängelt man sich seitwärts, sind es noch mehr. Man kann sich verlaufen, auf Liegen in die Sonne legen, den fetten Karpfen im See zuschauen, drei, vier Stunden gehen locker vorbei. Und auf den vielen großen Spielplätzen ist großer Betrieb.

Zurück zu den Dahlien, 7.500 Pflanzen sollen es sein, 290 Sorten, die in großen Feldern in eine Wiese gepflanzt sind. Sie haben, natürlich, auch eine eigene Geschichte, ich lese sie nach auf der Website der Deutschen Dahlien-, Fuchsien- und Gladiolen-Gesellschaft e. V. Wie auch die Kartoffeln und der Mais kommen sie aus Südamerika. 1789 sandte der Direktor des Botanischen Gartens von Mexiko Dahliensamen oder Knollen an den Botanischen Garten nach Madrid. Dort erhielt die Pflanze erst den Namen Dahlie, zu Ehren eines schwedischen Botanikers, Andreas Dahl. Doch erst, als Alexander von Humboldt 1803/4 von seiner Südamerikareise Samen an den Botanischen Garten in Berlin schickte und die botanischen Gärten in Deutschland, England, Frankreich und Holland sich auszutauschen begannen, setzte ihre Verbreitung ein. Schon nach zwei Jahren hatte der Botanische Garten in Berlin 55 Sorten gezüchtet.

Die Dahlien im Britzer Garten sind alle Hybriden, Zuchtformen, in Gelb, Rot, Orange, Purpur, Rosa, Lila, in Kugeln und Sternen, einfarbig und mehrfarbig. Natur und Kunst wirken hier schon lange zusammen. Vor dem Einschlafen schaue ich mir die Bilder wieder an und freue mich. Wenn der erste Frost kommt, ist es mit der Pracht vorbei.

Britzer Garten, tägl. 9 Uhr bis Einbruch der Dunkelheit, Eintritt 3 Euro