Wie die AfD Klimapolitik zum Thema macht

Martina Pracht ist in Sorge. Die resolute Frau ist Betriebsrätin bei Opel in Eisenach, wo im Mai der letzte Kleinwagen vom Band gelaufen ist. In dem Werk, in dem derzeit noch 1.400 MitarbeiterInnen beschäftigt sind, werden künftig nur noch SUVs hergestellt – die in der aktuellen Debatte über Klimaschutz stark in der Kritik stehen. Pracht beobachtet, dass bei manchen KollegInnen die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, die Jugendbewegung Fridays for Future und die Grünen zum Feinbild werden – „aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes“. Die Stimmung im Werk verändere sich. Pracht befürchtet deshalb, „dass einige der Opel-Beschäftigten auf die AfD hereinfallen“.

Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland wird das gern hören. Ende September kündigte er via Welt an, dass der Protest gegen die Klimaschutzpolitik „das dritte große Thema für die AfD“ werden soll – neben Euro und Mi­gra­tion. In der AfD-Spitze hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Verschiebung der gesellschaftspolitischen Debatte hin zum Klimaschutz zu einem Problem für die Partei werden könnte – denn viel zu bieten haben die radikal Rechten hier nicht. Schon das unter den eigenen Erwartungen gebliebene Abschneiden bei der Europawahl wurde parteiintern unter anderem auf die Präsenz des Themas Klimaschutz zurückgeführt, für die vor allem Fridays for Future gesorgt hat.

Gauland will das Thema nun besetzen. Seine Partei habe hier ein „Alleinstellungsmerkmal“, alle anderen würden „den Irrsinn mitmachen“.

Schon beim Thüringer Wahlkampfauftakt der AfD hatte Gauland einen großen Teil seiner Rede der Klimapolitik gewidmet – oder besser gesagt, der Kritik an dieser. Er sprach von „politisch motivierter Panikmache“ und „grüner Erziehungsdiktatur“ und forderte: „Die These vom menschengemachten Klimawandel muss unter enormen Beweisdruck geraten.“ Die eigenen Vorstellungen aber blieben erneut dünn: Kohlekraftwerke müssten am Netz bleiben und der Atomausstieg zurückgenommen werden.

In Begeisterung versetzte Gauland die AfD-AnhängerInnen mit seiner Rede nicht. Das ist auch bei anderen Auftritten im Thüringer Wahlkampf zu beobachten. Spitzenkandidat Björn Höcke webt das Thema Klimaschutz inzwischen regelmäßig in seine Wahlkampfreden ein. Als weiteres „Ideologieprojekt“, neben Eurorettung und Migrationspolitik, geißelt Höcke gern die Energiewende. „Die Altparteien sind bereit, unsere Energiesicherheit und unsere Industrie zu opfern, um das Weltklima zu retten“, sagte Höcke zum Beispiel Anfang Oktober bei einer Wahlkampfveranstaltung in Erfurt. „Was für ein Wahnsinnsprojekt.“ Doch auch Höcke, der bei seinen AnhängerInnen durchaus Leidenschaft entfachen kann, erhält an dieser Stelle kaum Applaus.

Wirklich zu verfangen scheint das Thema Klima bei den AfD-AnhängerInnen nicht. Um Klimapolitik gehe es eher indirekt, sagt auch der Thüringer AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, der selbst viel im Wahlkampf unterwegs ist, und meint Themen wie Windkraft, Wald oder Diesel damit.

Ähnlich beschreibt es auch Felix Steiner von der Mobilen Beratung in Thüringen, der das Treiben der AfD im Land seit Langem kritisch verfolgt. „Klima ist für die AfD in Thüringen kein zentrales Mobilisierungsthema, weder auf auf Facebook noch auf Plakaten oder bei Veranstaltungen“, sagt er. Im Wahlprogramm werde es weit hinten auf wenigen Seiten abgehandelt. „Klima spielt eher in der Konstruktion einer vermeintlichen ‚grünen Diktatur‘ eine Rolle und als Gegenposition zu Bewegungen wie Fridays for Future. Ganz allgemein auch hier natürlich die Leugnung des menschengemachten Klimawandels.“ Nur punktuell gehe es mal um die Rettung des Diesels, um SUVs oder um Windkraft, wenn dies regional ein Thema sei. Sabine am Orde