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Keine pompösen
Gräber für Neonazis

In Deutschland ist fragwürdiger Totenkult unerwünscht: Hitlers Überreste verschwanden, auch andere NS-Größen haben kein Grab

Von Klaus Hillenbrand

Neonazis in Deutschland haben ein Problem: Es findet sich kein Mausoleum, ja nicht einmal ein Grabmal, wo sie ihrer verbrecherischen Führer von einst gedenken können. Adolf Hitlers verkohlte Reste sind nach 1945 irgendwo zwischen Magdeburg und Moskau abhanden­gekommen. Und die Alliierten entschieden beim Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher weise, den zu Tode Verurteilten kein Grab zu gönnen. Die Asche der zuvor zehn hingerichteten NS-Größen sowie von Hermann Göring, der Selbstmord begangen hatte, landete im Oktober 1946 nicht auf einem Friedhof, sondern im Wenzbach, einem Zufluss der Isar.

Quasi als Ersatz-Pilgerstätte fungierte deshalb jahrelang das Grab von Hitlers einstigem Stellvertreter Rudolf Heß im bayerischen Wunsiedel. Der Kriegsverbrecher war erst 1987 in der Haft verstorben. Doch mit den Ehrenbezeugungen war es im Jahr 2011 vorbei: Der Kirchenvorstand kündigte den Pachtvertrag, das Grab existiert nicht mehr.

Allerdings gibt es im bayerischen Chiemgau immer noch einen Grabstein für den 1946 hingerichteten Wehrmachtgeneral Alfred Jodl. Dabei wird es wohl auch vorläufig bleiben, denn ein Münchner Gericht entschied erst im April, dass der Stein noch weitere 20 Jahre stehen bleiben darf. Als NS-Anbetungsstätte eignet sich die Grabanlage freilich nur sehr begrenzt: Hier liegen nur Jodls Ehefrauen, er selbst landete wie seine Kriegsverbrecher-Kollegen im Wenzbach.

Die besondere Zurschaustellung verstorbener Heldenfiguren ist freilich keine Erfindung von Faschisten. Schon die alten Ägypter entwickelten die Sitte, besonders verehrenswürdige Persönlichkeiten einzubalsamieren und sie in gigantischen Grabanlagen zu bestatten – man denke nur an die Pharaonen-Pyramiden bei Kairo aus dem 3. Jahrtausend vor Christus. Im 20. Jahrhundert lebte dieser Totenkult wieder auf – gerade bei vermeintlich linken Bewegungen, die ihren Führern so ein immerwährendes Leben schenken wollten.

In Moskau können Hardcore-Kommunisten das Lenin-Mausoleum auf dem Roten Platz besichtigen, wo der 1924 verstorbene Revolutionsführer einbalsamiert in einem Sarg aus Panzerglas aufgebahrt liegt. Zwölf Wissenschaftler sollen damit beschäftigt sein, den sowjetischen Führer in aller Frische zu erhalten, was auf mannigfaltige Probleme stößt.

Lenins Nachfolger Stalin war dagegen nur ein kurzes Nachleben beschieden. Im Zuge der Entstalinisierung wurde sein Körper 1961 aus Lenins Mausoleum entfernt und ganz profan bestattet. Da hat es Mao besser, auch wenn sein zu Lebzeiten geäußerter Wunsch, verbrannt zu werden, bei seinem Tod 1976 ignoriert wurde. Sein einbalsamierter Körper liegt in einem kristallenen Sarg in der Gedenkhalle für den Großen Vorsitzenden. Übertroffen wird der religiös anmutende Heldenkult noch vom Kumsusan-Palast der Sonne im nordkoreanischen Pjöngjang, wo neben dem „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung sowie seinem Nachfolger auch sein Dienstwagen, ein Mercedes-Benz 600 SEL, sich befindet. Aber Schuhe ausziehen nicht vergessen!

Jüngstes Beispiel: Hugo Chávez, 2013 verstorbener Staatschef Venezuelas und schon zu Lebzeiten als Heiliger angebetet, darf in einem pompösen Grab in Caracas ruhen, um­geben von Wasserbassins und bewacht von Soldaten in Paradeuniform. Eine Leichenschau ist aber nicht möglich: Der Comandante liegt in einem steinernen Sarkophag.