Bayern im Blues

Bayern kann auch in Augsburg nicht gewinnen. Dass sichNiklas Süle schwer verletzt, trübt die Stimmung noch weiter ein

Am Boden: Bayerns Nikals Süle wird auf dem Feld behandelt Foto: reuters

Aus Augsburg Maik Rosner

Von einer „Hiobsbotschaft“ und einem „Super-GAU“ berichtete der Sprecher des Vereins-TV am Sonntagvormittag. Noch am Sonntag solle Niklas Süle operiert werden, teilten die Münchner mit und schrieben von einem „herben Schlag“ für den Innenverteidiger und den FC Bayern. Auch für Joachim Löw traf dies zu, siebeneinhalb Monate vor Beginn der EM, die für Süle zu früh kommen könnte. „Eine ganz bittere Nachricht“ sei das, Süles Ausfall sei „schmerzlich und beeinträchtigt die Entwicklung unserer im Umbruch befindlichen jungen Mannschaft“, wurde der Bundestrainer in einer DFB-Mitteilung zitiert. Er sieht sich neben dem Verlust seines Abwehrchefs zudem mit der Unannehmlichkeit einer Neuauflage der Debatte um eine Rückkehr von Borussia Dortmunds Mats Hummels konfrontiert.

Wie Süle noch während des Spiels in Augsburg, das am Ende 2:2 ausgehen sollte, auf Krücken aus dem Stadion humpelte, passte zu diesem insgesamt betrüblichen Nachmittag für den FC Bayern beim kleinen Nachbarn. Eigentlich hätte das Spiel dazu dienen sollen, sich für die 1:2-Heimniederlage gegen Hoffenheim zu rehabilitieren. Stattdessen mussten die Münchner nun ein Remis hinnehmen, das sich wegen des späten Ausgleichs durch Alfred Finnbogason (90.+1) wie eine Niederlage anfühlen muss.

Die Begleitumstände des verschenkten Sieges nährten den Eindruck, dass der FC Bayern wie 2018 auch in diesem Herbst vom Blues erfasst worden ist. Vor einem Jahr leitete diesen ein 1:1 gegen den FCA ein. Nun stecken die Münchner schon mittendrin nach nur vier Siegen aus acht Ligaspielen, der schlechtesten Punktausbeute seit neun Jahren und je zwei Gegentoren in den jüngsten vier Partien sowie insgesamt zehn Gegentoren in der Liga – so vielen wie seit elf Jahren nicht mehr, als es unter Jürgen Klinsmann zu diesem Zeitpunkt 13 waren.

Anzeichen verstärkter Verstimmtheit ließ auch der aktuelle Trainer Niko Kovac erkennen, der auf der Pressekonferenz äußerst dünnhäutig auf Nachfragen zu dem zum sechsten Mal in Serie eingewechselten Thomas Müller und zur Schlussphase reagierte. „Entschuldigung, Sie müssen schon bei der Wahrheit bleiben. Martin, entschuldige bitte, aber das muss ich jetzt mal klären“, ging Kovac dazwischen bei der Frage an Augsburgs Trainer Schmidt, ob die mutigere Mannschaft belohnt worden sei. „Haben Sie nicht gesehen, dass wir die ganze Zeit versucht haben, das dritte Tor zu schießen?“, fragte Kovac. „Doch“, antwortete der Fragesteller. „Also, dann erzählen Sie bitte nicht irgendwas anderes“, sagte Kovac. Zuvor hatte Kovac darauf hingewiesen, dass man auch als Bayern München am Ende gut verteidigen müsse, „da brauchen wir nicht noch ein drittes Tor, sondern kein zweites vom Gegner“.

„Das ist natürlich auch ein Kopfproblem“

Manuel Neuer

Kovac wirkte in seiner Verärgerung wie der Seismograf der zunehmenden Unruhe beim FC Bayern nach der nächsten Erschütterung des Selbstverständnisses. Er wirkte aber auch ähnlich wenig souverän wie seine Mannschaft zu Beginn und gegen Ende des Spiels, als sie wiederkehrende Mängel im Aufbau und Abschluss vorführte.

Mit dem 1:0 nach 28 Sekunden von Augsburgs Marco Richter hatte der Nachmittag begonnen. Im Februar beim vorangegangenen Gastspiel der Münchner in Augsburg hatten sie bereits nach zwölf Sekunden zurückgelegen, aber noch 3:2 gewonnen. Nun reichte es auch deshalb nicht dazu, weil die dominanten Bayern nach den Toren von Robert Lewandowski (14.) und Serge Gnabry (49.) es versäumten, weitere Großchancen zu nutzen, begleitet von teils erstaunlichen Einladungen zu Augsburger Kontern. „Ballverluste gehören dazu“, sagte Kapitän Manuel Neuer, sie seien aber „viel zu häufig der Fall“. Seine Diagnose, dass den wiederholten Makeln „natürlich auch ein Kopfproblem“ zugrunde liege, unterfütterte er mit dem Hinweis auf den Zeitpunkt der Gegentore. Dass man „sich die Punkte klauen lässt, das ist nicht Bayern-like“, sagte der Torwart, vier Siege nach acht Spielen seien „nicht unser Anspruch“.

Das weiß auch Kovac, der den Herbst-Blues nun ohne Süle bewältigen muss.