Parlamentswahl in der Schweiz: Grüne wollen in die Regierung

Bei der Parlamentswahl in der Schweiz erringen die Grünen einen historischen Wahlsieg. Nun beanspruchen sie einen Sitz im siebenköpfigen Bundesrat.

Regula Rytz wirft ihren Wahlzettel in eine Wahlurne

Regula Rytz, Präsidentin der Grünen Partei, kann zufrieden sein Foto: dpa

GENF taz | Nach ihrem historischen Sieg bei den Parlamentswahlen vom Sonntag beansprucht die Grüne Partei der Schweiz (GPS) einen Sitz in der Regierung des Landes, dem siebenköpfigen Bundesrat. Das erklärte Parteichefin Regula Rytz am Sonntagabend in der „Elefantenrunde“ des Schweizer Fernsehens. Nach dem amtlichen Endergebnis fiel der Sieg der GPS noch höher aus, als die erste Hochrechnung von Sonntagnachmittag vermuten ließ: Sie steigerte ihren Stimmanteil gegenüber den Wahlen von 2015 von 7,1 auf 13 Prozent und konnte damit die Zahl ihrer Abgeordneten im 200-köpfigen Parlament (Nationalrat) von 11 auf 28 mehr als verdoppeln.

Das ist der höchste Zugewinn an Sitzen, den eine Schweizer Partei jemals bei einer Wahl errungen hat. Damit stellen die Grünen erstmals die viertstärkste Fraktion im Nationalrat vor der Christlichen Volkspartei (CVP) und nur noch knapp hinter der wirtschaftsliberalen Freisinnigen (FDP). Die beiden Parteien der bürgerlichen Mitte erlitten deutliche Stimmen- und Sitzverluste und werden künftig nur noch 26 beziehungsweise 29 Abgeordnete stellen. Im Windschatten der GPS konnten auch die Grünliberalen ihren Stimmanteil von 4,6 auf 7,6 Prozent steigern und die Zahl ihrer Abgeordneten ebenfalls auf 16 mehr als verdoppeln.

Damit sind die beiden Umweltparteien mit zusammen 44 Sitzen die zweitstärkste Kraft im Nationalrat vor den Sozialdemokraten (SP), die vier von ihren bisherigen 43 Sitzen verloren, und nach den rechtsnationalen Populisten von der Schweizer Volkspartei (SVP). Die SVP ist der größte Verlierer mit einem Rückgang von 29,4 auf 26,3 Prozent der WählerInnenstimmen und dem Verlust von 12 ihrer bislang 65 Nationalratssitze.

Ausschlaggebend für das Ergebnis war die den gesamten Wahlkampf beherrschende Klimadebatte, in der die Grünen seit Jahren konsequent weitreichende Maßnahmen zur Bekämpfung der globalen Erwärmung fordern, während die SVP von Leugnern und Verharmlosern des Klimawandels dominiert wird.

Linksverschiebung im Nationalrat

Die Demonstrationen von Fridays for Future, an denen in der Schweiz proportional zur Gesamtbevölkerung noch mehr Menschen teilnahmen als in Deutschland, trugen wesentlich zur wahlentscheidenden Rolle des Themas „Klimawandel“ bei. Infolge der deutlichen Gewinne der Grünen und Grünliberalen wird es im Nationalrat trotz der Verluste der Sozialdemokraten eine Linksverschiebung geben.

Nach einer seit über 60 Jahren praktizierten, allerdings weder in der Verfassung noch per Gesetz festgeschriebenen Regel erhalten die drei stärksten Parlamentsfraktionen (bislang und auch weiterhin SVP, SP und FDP) je zwei Sitze im Bundesrat und die viertstärkste Fraktion – bislang die CVP – einen Sitz.

Allerdings wurde die Stärke einer Partei im Bundesrat in der Vergangenheit immer erst erst nach zwei Wahlen in Folge mit starkem Stimmenzuwachs für diese Partei angepasst. So war es bei der SVP, die ihren Wähleranteil zwischen 1995 und 2003 bei zwei Wahlen fast verdoppelte, ehe sie auf Kosten der schwächer gewordenen CVP einen zweiten Sitz im Bundesrat bekam.

Über die Zusammensetzung des Bundesrats müssen die 200 NationalrätInnen gemeinsam mit den 46 Abgeordneten des Ständerats entscheiden, in denen jeder Kanton zwei und jeder Halbkanton einEn VertreterIn entsendet. Auch hier werden sich die bisherigen Mehrheitsverhältnisse verschieben. Denn die Grünen eroberten am Sonntag bereits zwei Ständeratssitze.

Dabei besiegte im bislang stets konservativ wählenden Kanton Glarus südlich von Zürich ein grüner Kandidat sensationell den bisherigen Amtsinhaber von der rechtsnationalen Schweizer Volkspartei (SVP). In drei weiteren Kantonen, in denen noch eine Stichwahl stattfinden muss, haben die Grünen gute Chancen. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass die Umweltpartei im Ständerat so stark oder gar stärker als die SVP werden könnte.

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