Bernd Müllender
eingelocht
: Ihr Kryptogolfer, flugschämt euch!

Golf ist Wandern mit Sinn“, heißt es, und manchmal wird man als passionierter Golfer wütend auf andere Golfer, die unbedingt wie Klischeegolfer sein wollen. Die in kleinkarierter Hose herumlaufen, ohne ironisches Statement. Die würdelos die Stars zu imitieren versuchen oder sich mit heiligem Ernst wichtig tun.

Besondere Empörung aber gilt denjenigen, die einem das Klischeegolfertum einreden wollen. Zum Beispiel im golfspielen-Magazin der Süddeutschen Zeitung, eine extern verantwortete Beilage des ansonsten hochgeschätzten Blatts. Viele LeserInnen der SZ gucken das Supplement erst gar nicht an: Golf? Ab ins Altpapier. Im Oktoberheft taten sie gut daran.

Im Vorwort heißt es: „Golfer sind Weltenbummler. Im Herbst, wenn die Fairways matschig werden, fängt der Golfer an zu planen.“ Vorschläge folgen prompt: „Kreuzfahrt mit Golf auf Teneriffa? Superbillig ab in die Türkei mit Unlimited Golf? Oder die preisgünstige Individualgolfreise zu kleinen Küstenplätzen in Thailand?“

Das Motto heißt also: Verfliegt euch, Schlägerschwinger! Als würden Bälle anderswo anmutiger das Aufsteigen verweigern, wenn man in den Boden haut. Ich habe das nie verstanden: Ein schönes Panorama mag eine wohlige Zugabe sein, aber ansonsten will ich einen Ball von A nach B befördern, will mich freudvoll darauf konzentrieren und den Sportkick genießen.

Die SZ-Beilage, voll mit Reisetexten, ruft zu Golftouren auf Kreuzfahrtschiffen, „exotisch und extravagant“ – und raus mit dem Schweröldreck ausm Kamin. All inklusive in der Türkei – füttern wir die Wirtschaft des Kriegsherrn Erdoğan. Ab ins „Märchenland Katar“, und ab in den Jet für ein paar Tage Putten in Zypern, wo „Aphrodite lockt“. Oder nach Réunion: „Über das Fairway spazieren Chamäleons, Tropikvögel und auch mal eine Kuh vom benachbarten Bauern.“ Ganzseitige Anzeigen der Beworbenen folgen nach dem Umblättern.

Bällewegprügeln als High-End-Lifestyle-Edel-Getue. Dazu gibt es Werbehinweise zu Golf­immobilien („kaum ein Objekt unter 500.000 Euro“), auch mal in Kapstadt oder in der „Golfregion Florida“, die derzeit „eine der wahrscheinlich kontroversesten Werbefiguren hat: Donald Trump“. Hallo: Trump kontrovers? Werbefigur? Besinnungslos immer weiter wegfliegen, statt wandern mit Sinn. Kein Wort zu unseren Klimaverbrechen. Leute, so wird Greta nie Golferin. Stattdessen wird sie bald schulstreiken gegen das schöne Spiel: Skolstrejk mot golfbanor!

Immer wird Golf mit Luxus kombiniert: Tolle Plätze, dazu muss es aber auch das Fünf­ster­ne-­Edelresort mit Gourmetküche sein. Dazu bejubelt das SZ-Heft Fernreiseziele, wo Übungsbälle umsonst sind. Ein 2.000-Euro-Trip, und man spart 2 Euro. Kleingeistiger geht’s nimmer. Wo sind eigentlich Reiseveranstalter, die Budget-Golftouren mit Hostels oder Jugendherbergen kombinieren? Hallo, bitte melden. Ich will doch nur spielen! Den ganzen anderen Schischi könnt ihr behalten.

Aus dem ABC der Vorurteile – heute A wie Alte: „Golf ist nur was für Rentner, ein typischer Seniorensport!“ Wahr ist: Golf ist tatsächlich was für Betagte und sogar Bejahrhunderte: Der älteste Deutsche war noch mit 103 Jahren unterwegs. Allerdings spielen auch Tausende Kinder und Jugendliche Golf. Gerade die kleinsten Zappelphilippe ab 4 lernen dabei viel. Schulgolfprojekte laden ein und Kurse für Kids in den Klubs. Übrigens: In meinem Klub zahlen Kinder für die Monatsmitgliedschaft 3 Euro. Das ist mal ein Schnäppchen! Anders als im Reichensport Fußball, da kostet der Vereinsbeitrag für meinen Sohn fast das Doppelte.