Ausstellung zu Fast Fashion: Flüsse in toxischem Pink

Die Wanderausstellung „Fast Fashion“ im Berliner Museum Europäischer Kulturen zeigt nichts, was man nicht schon ahnt. Interessant ist sie trotzdem.

Kleidungsstücke auf einem Kleiderhaken

Installation aus der Ausstellung Foto: David von Becker

BERLIN taz | Eigentlich gibt es wenig wirklich Neues in der Ausstellung „Fast Fashion“ zu erfahren. Über die Schattenseiten der Mode, schon gar der schnell und billig produzierten, wird seit Jahren berichtet. Eigentlich müssten Konsument*innen es längst wissen. Die Bekleidungsindustrie ist die zweitgrößte Umweltsünderin und eine unfaire dazu, denn an den Folgen leiden vor allem diejenigen, die sich selbst das günstige Shirt von der Stange nicht leisten können.

Große Auswirkungen auf das Konsumverhalten brachten die Diskussionen bislang nicht, aber möglicherweise kommt die Branche gerade selbst in Bewegung: Bei der Modewoche in Paris hatte der Luxuskonzern Kering, zu dem unter anderem die Labels Gucci und Balenciaga gehören, verkündigt, in der gesamten Lieferkette klimaneutral zu werden – hauptsächlich natürlich über Kompensationen. Es ist ein erster Schritt, der Weg jedoch noch weit und das Klima bei weitem nicht das Einzige, was unter der Mode leidet.

Brisanz hat die Wanderausstellung „Fast Fashion“, die 2015 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe startete, damals als Reaktion auf den Einsturz des Rana Plaza, und die nun im Berliner Museum Europäischer Kulturen zu sehen ist, also auch vier Jahre später nicht eingebüßt. Erst recht nicht in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der Produktion. Neue Orte sind noch hinzugekommen. Äthiopien ist die jüngste Station der Modekarawane. Noch günstiger als in Süd- und Südostasien lässt es sich dort offenbar produzieren.

So wie es vor allem die unglaubliche Masse ist, welche die Herstellung von Mode so fatal macht – man muss es sich einmal vorstellen: 60 Kleidungsstücke kauft jede*r Deutsche pro Jahr, mehr als ein Stück pro Woche! – ist es auch beim Durchwandern der drei ersten Räume der Ausstellung die Fülle der Themen und die plastische Darstellung von Zahlen und Fakten, weswegen sich der Besuch selbst für informierte Konsument*innen lohnt.

„Made in Europe“ ist nicht fairer

Da sind etwa die Bilder des durch die Baumwollherstellung fast ausgetrockneten Uralsees oder die des philippinischen Flusses Tullahan, den die Abwässer der Textilfärbereien mit Schaumkronen in toxischem Pink überzogen haben. Ebenso erschreckend sind die Fotografien und Videos, die die Folgen unserer Altkleiderproduktion zeigen, vor allem im indischen Panipat, wohin mehr als 100.000 Tonnen aussortierte Kleidung jedes Jahr transportiert werden, und natürlich diejenigen zu den weltweiten Produktionsbedingungen. „Made in Europe“, erfährt man da unter anderem, machen diese keineswegs fairer: Für Näherinnen aus postsozialistischen Ländern sei die Lücke zwischen Lohn und Lebenshaltungskosten sogar besonders groß.

Die Schau will aufklären, aber auch ermutigen. Beispielhaft werden zum Abschluss fünf Pionier*innen der Slow-Fashion-Bewegung vorstellt, samt Anleitungen zum Nachmachen. Richtig und wichtig ist dieser Teil der Ausstellung, weil darauf verzichtet wurde, einfach ein paar nachhaltige Labels vorzustellen, sondern auch auf die wirksamste Maßnahme hingewiesen wurde: weniger zu konsumieren nämlich, ohne dabei die Lust an Mode zu verlieren.

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