türkischer einmarsch in syrien
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Kein Plan im Weißen Haus

Nach Kritik aus den eigenen Reihen verhängt US-Präsident Trump ein paar Sanktionen gegen die Türkei

Von Dorothea Hahn, New York

„Ob Russland, China oder Napoleon Bonaparte – egal wer Syrien beim Schutz der Kurden unterstützen will, hat mein OK“, tweetete Donald Trump am Montag und fügte hinzu: „Wir sind 7.000 Meilen entfernt.“ Am selben Tag verhängte er Sanktionen gegen die Türkei, der er erst eine Woche zuvor grünes Licht für die Invasion im Norden Syriens gegeben hatte. Außerdem gab er seinem Vizepräsidenten Mike Pence und seinem neuen Sicherheitsberater Robert O’Brien den Auftrag, zu Waffenstillstandsverhandlungen in die Türkei zu reisen.

Die Sanktionen bestehen aus der Erhöhung der Stahltarife auf den Stand vom vergangenen Mai, aus der Androhung von Sanktionen gegen Türken, die „destabilisierend“ im Nordosten Syriens aktiv sind und aus dem Stopp der laufenden Gespräche über ein Handelsabkommen mit der Türkei. Von einem Waffenembargo gegen die Türkei und von den rund 50 US-amerikanischen Atombomben auf der Luftwaffenbasis in Inçirlik ist in der präsidentiellen Verfügung keine Rede.

Trump droht an, die Sanktionen gegen die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen zu verschärfen. Aber das Ziel der Sanktionen bleibt nebulös. Trump fordert darin keinen Rückzug aus dem Nordosten Syriens. Er beschränkt sich darauf, einen „Waffenstillstand“ sowie ein Ende der „abscheulichen Taten“ zu verlangen. Implizit geht er bereits davon aus, dass die Türkei langfristig im Norden Syriens bleiben wird. Er schreibt in seiner Verfügung: Die Türkei „ist jetzt und mag in der Zukunft für die Bewachung von IS-Terroristen in der Region verantwortlich sein“.

Die Sanktionen sind eine Reaktion auf die Kritik aus den Reihen der Republikanischen Partei und evangelikaler ChristInnen. Beide haben den abrupten Rückzug der US-Truppen aus dem Norden Syriens scharf kritisiert, den Trump eine Woche zuvor verfügt hatte. Doch vielen KritikerInnen gehen die Sanktionen nicht weit genug.

Der demokratische Senator Chris van Hollen kritisierte am Dienstagmorgen, dass die Sanktionen nur „einen Bruchteil von einem Prozent der türkischen Exporte“ betreffen. Und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, beschrieb die Sanktionen als „weit davon entfernt, die humanitäre Katastrophe umzukehren, die durch Trumps unberechenbare Entscheidungen verursacht wurde“.

Im US-Kongress entwickeln DemokratInnen und RepublikanerInnen gemeinsam Sanktionen, die weitergehen sollen als die des US-Präsidenten. Schon in der vergangenen Woche hatte van Hollen, zusammen mit dem republikanischen Senator Lindsey Graham, gewöhnlich ein Trump-Unterstützer, angedroht, die Nato-Mitgliedschaft der Türkei zu blockieren.

Bei einem Hintergrundgespräch am Montagabend versuchten Mitarbeiter des Pentagons die Rolle des US-Rückzugs aus dem Nordosten Syriens herunterzuspielen. „Ein paar Dutzend Leute hätten keine Invasion verhindern können“, sagte einer von ihnen. Tatsächlich sollen bis zur vergangenen Woche rund 1.000 US-Soldaten in der Region gewesen sein.